Griffkraft: Was dein Handschlag über Langlebigkeit verrät
Ausreichend Kraft in Fingern, Armen und Schultern bringt uns in den handfesten Dingen des Lebens weiter – und davon gibt es jede Menge: das Zähneputzen, etwa, das Aufschrauben des Marmeladeglases oder das Hochheben der Einkaufstasche.

Foto: Philipp Carl Riedl
Es gibt täglich hunderte Situationen, für die es Kraft in den Händen braucht: Beim Zähneputzen. Beim Aufschrauben des Marmeladeglases. Beim Hochheben der Einkaufstasche. „Viele denken bei Griffkraft nur an die Finger. Aber es ist immer auch ein Zusammenspiel von starken Schultern und Unter- sowie Oberarmen“, sagt Ex-Skirennläuferin Anna Veith. Sie zeigt im Video schnelle Workouts für mehr Handkraft, die gemeinsam mit Annas persönlichem Sport-Physiotherapeuten Max Oberndorfer entwickelt wurden. Alles, was du brauchst: ein paar Minuten Zeit und kleine Gewichte (oder zur Not einfach zwei Wasserflaschen). „Wenn die Hände stark sind, wird vieles im Alltag leichter“, so Anna.
Grip Strength Booster Workout mit Anna Veith

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Schwacher Händedruck = kürzere Lebenserwartung
Auch bei der scheinbar einfachsten Sache der Welt – der Begrüßung per Handschlag – ist Griffkraft gefragt. Und genau da wird’s spannend, denn ein fester Händedruck signalisiert nicht nur Selbstbewusstsein – er verrät auch mehr über deinen körperlichen Zustand, als du denkst. Studien belegen, dass Griffkraft nicht nur ein überraschend guter Hinweis auf die allgemeine Muskelkraft ist – sie sagt auch einiges über die Lebenserwartung aus. Eine britische Studie unter Leitung von Dr. Rachel Cooper (2010) kam zu dem Ergebnis: Menschen mit schwachem Händedruck haben ein 67 Prozent höheres Sterblichkeitsrisiko (geringere Lebenserwartung). Eine US-amerikanische Studie aus dem Jahr 2020, geleitet von Altersforscher Ryan McGrath, zog ähnliche Schlussfolgerungen. Und eine Beobachtungsstudie der UK Biobank, einer der weltweit größten biomedizinischen Forschungsdatenbanken, will sogar einen Zusammenhang zwischen schwacher Handkraft und Demenz sehen.
Warum ist Griffkraft so aussagekräftig?
Ganz einfach: Handkraft braucht nicht nur starke Hände und Finger. „Die Handkraft gibt Aufschluss über die gesamte Muskulatur“, bringt es Langlebigkeitsexperte Dr. Peter Attia in seinem Buch „Outlive“ auf den Punkt, weil die Muskeln im ganzen Oberkörper – also Arme, Schultern, Rücken und Brust – gefordert sind. „Handkraft ist aber auch ein grober Indikator für die Fähigkeit, sich zu schützen – z. B. wenn man ausrutscht oder das Gleichgewicht verliert. Wer genug Kraft hat, sich festzuhalten, kann einen Sturz verhindern.“
Gerade im Alter wird der letztgenannte Punkt entscheidend. Denn schon ab dem 30. Lebensjahr beginnen wir im Schnitt, pro Lebensjahrzehnt 1 bis 3 Prozent an Muskelmasse einzubüßen – wenn man nicht aktiv mit Krafttraining und eiweißreicher Ernährung gegensteuert. Die Muskeln in Händen und Unterarmen sind besonders anfällig, weil sie oft nicht gezielt trainiert werden.
Selbstcheck: Teste deine Griffkraft daheim
Prinzipiell kannst du deine Griffkraft mit einem digitalen „Hand-Dynamometer“ messen. Die kleinen Geräte gibt’s im Internet ab ca. 20 Euro zu kaufen. Bei jungen Männern liegt der Durchschnitt zwischen 40 und 50 Kilo Griffkraft pro Hand. Bei Frauen etwa bei 25 bis 35 Kilo. Alles über 60 Kilo gilt als super trainiert.
Aber auch diese Selbst-Tests helfen, ein besseres Gefühl für deine aktuelle Handkraft zu bekommen.
Die Gurkenglas-Challenge: Kannst du ein fest verschlossenes Gurkenglas mit nur einer Hand öffnen? Probiere es mit links und rechts. Fühlt sich eine Seite schwächer an? Merkst du vielleicht einen einseitigen Kraftverlust oder Koordinationsschwächen?
Klimmzughängen (Dead Hanging): Lass dich von einer Reckstange hängen (z. B. am Kinderspielplatz oder im Fitnessstudio). „Erstrebenswert wäre, dass ein vierzig Jahre alter Mann mindestens zwei Minuten so hängen kann, eine Frau mindestens 90 Sekunden lang“, sagt Langlebigkeitsexperte Dr. Peter Attia. Das Hängen mit dem eigenen Körpergewicht stärkt auch gleich die Muskeln, die die Schulterblätter stabilisieren. „Die oben genannten Minuten-Werte werden viele nicht schaffen am Anfang“, gibt der Salzburger Sport-Physiotherapeut Max Oberndorfer zu bedenken. „Aber das macht nichts. Einfach mal hängen lassen und die maximale Zeit stoppen – am besten drei Mal hintereinander. Dann hat man gleichzeitig auch einen super Trainingseffekt.“

Foto: Philipp Carl Riedl
Alltags-Hacks: So stärkst du deine Hände und Unterarme
Der Ball-Trick: Drücke 30 Sekunden (so fest du kannst!) mit einer Hand einen Tennisball oder Stressball zusammen. Schultern gerade lassen! Wie viele Wiederholungen schaffst du? Vergleiche die linke und rechte Hand, und versuche dich wöchentlich zu steigern. Du kannst dir auch verstellbare Handtrainer/Griptrainer besorgen (gibt’s ab ca. 10 Euro zu kaufen).
Handtuch auswringen: Klingt simpel, ist aber ein hocheffektives Training für die Muskeln in deinen Fingern, Händen und Unterarmen.
Fäuste ballen und spreizen: Mach mit einer Hand eine Faust, der Daumen liegt innen. Halte das Ganze für 5 Sekunden. Dann: Hand richtig weit aufspreizen und Finger strecken. 10 Wiederholungen pro Hand.
Griffkraft: Denk beim Essen immer an deine Faszien!
Wenn wir über Muskelkraft reden, wird oft einer der wichtigsten Faktoren vergessen –nämlich deine Faszien.
Was sind Faszien?
Stell dir das Ganze wie einen elastischen Ganzkörperanzug unter der Haut vor. Faszien umhüllen alle Muskeln, Organe und Gelenke. Ohne sie würden wir buchstäblich „auseinanderfallen“. Sind die Faszien geschmeidig, dann laufen deine Bewegungen flüssig, die Muskeln arbeiten besser, die Griffkraft bleibt stark. „Bei gesundem Fasziengewebe werden auch die Nährstoffe in die Muskeln besser weitergeleitet“, erklärt Sporternährungswissenschaftlerin Iris Pohl.
Verkleben die Faszien, weil man nur einseitige Bewegungen macht oder weil der Körper übersäuert ist, dann fühlst du dich steif, unbeweglich – und die Muskeln können nicht richtig arbeiten.
Faszien und Muskeln brauchen bestimmte Nährstoffe
Iris Pohl nennt die wichtigsten Baustoffe, die du im Blick haben solltest.

Foto: Philipp Carl Riedl
1. Silizium (Kieselsäure):
hält das Bindegewebe stabil. Achtung: Siliziumreiche Lebensmittel möglichst wenig verarbeiten, da der Gehalt durch Schälen oder starkes Erhitzen sinkt. Silizium steckt z. B. in
Hirse (einer der besten Siliziumlieferanten überhaupt!)
Haferflocken
Buchweizen
Gurken (mit Schale!)
Bananen
Erdäpfeln (mit Schale!)
Leinsamen
Brennnessel-Tee
2. Lysin:
ist eine wichtige Aminosäure für unsere Muskeln und die Kollagenbildung. Der Körper kann sie nicht selbst herstellen, daher ist es wichtig, Lysin über die Nahrung aufzunehmen. Steckt z. B. in
Parmesan (über 3 Gramm Lysin pro 100 Gramm)
Eiern
Hühnerfleisch
Fisch
Linsen
Kichererbsen
Quinoa
3. Vitamin B und Chlorophyll:
wichtig für den Zellschutz. Chlorophyll fungiert obendrein basenbildend und hilft, das Bindegewebe zu entsäuern. Beides steckt z.B. in
dunkelgrünem Blattgemüse
Brokkoli
Petersilie
Paprika
Kiwis

Vitamine & Mineralstoffe
Wir wissen, wir brauchen sie für ein gesundes Leben. Aber wie viel wovon? Und warum eigentlich genau? Das verraten wir in unserem Vitamin-Lexikon. Weiterlesen...