Ob vom Sessel, von der Couch oder morgens aus dem Bett: Dass wir einfach aufstehen können, nehmen wir als selbstverständlich hin. Aber: „Ohne starke Beine und eine stabile Mitte kommt man nicht wirklich vom Fleck“, weiß Ex-Skirennläuferin Anna Veith. „Wer schon mal verletzt war oder ältere Menschen im Familienkreis hat – z. B. Großeltern, Urgroßeltern –, die vielleicht beim Aufstehen Hilfe brauchen, weiß: Fürs Aufstehen braucht’s Kraft. Und damit diese immer abrufbar ist – egal ob mit dreißig, vierzig oder siebzig –, muss man entsprechend was tun.“ Die Übungen in Annas neuem Workout, das sie gemeinsam mit ihrem Vertrauens-Physiotherapeuten Max Oberndorfer entwickelt hat, zielen genau darauf ab.

Starke Beine & stabiler Core – Workout mit Anna Veith

Anna wurde ausgestattet von Zalando und unterstützt von Audi.

Wer sich aus dem Sessel hochdrücken muss, hat ein Problem

„Aufstehen ist eine komplexe Bewegung, die in der Langlebigkeitsforschung als Schlüssel zur Selbständigkeit im Alter gilt“, weiß auch Dr. Robert Fritz, Sportmediziner in Wien.

Gefordert sind beim Aufstehen vor allem die sogenannte Streckerkette (Oberschenkelvorderseite, Gesäß) und der Rumpf. „Wer sich nur noch mit Schwung aus dem Sessel heben kann oder die Arme braucht, um sich an der Lehne oder Tischkante hochzudrücken, der ist schon mitten im Kraftverlust“, so der Experte. „Und das bedeutet auf Dauer weniger Lebensqualität.“

Wenig Muskeln = Gefahr für Blutzucker und Kreislauf

In der Medizin nennt man den Muskelabbau übrigens Sarkopenie. Und diese betrifft nicht nur unsere Kraft, sondern auch den Stoffwechsel. „Auch der Blutzucker steigt schneller, das Risiko für Diabetes, Cholesterinprobleme und Herz-Kreislauf-Erkrankungen nimmt zu“, erklärt der Sportmediziner.

Aufstehen trainieren = in deine Zukunft investieren

Viele glauben, Stiegensteigen oder Spazierengehen genüge, um in Sachen Aufstehen halbwegs fit zu bleiben. Dr. Fritz widerspricht: „Das ist ein guter Anfang. Aber es wird nicht ausreichen. Es braucht gezieltes Krafttraining für Oberschenkel, Gesäß und Rumpf – sowie Grundlagenausdauer. Sonst fehlt die Basis“, erklärt Dr. Fritz.

Anna Veith sitzt auf ihrer Kochinsel und isst einen Apfel

Foto: Philipp Carl Riedl

Sit-to-Stand-Test: Wie agil bist du?

Du willst wissen, wie es um deine Aufstehkraft steht? Probiere den Sit-to-Stand-Test! Du brauchst nur einen Sessel OHNE Lehne – und einen Timer.

„Es gibt zahlreiche Versionen dieses Tests“, erklärt Sportmediziner Dr. Robert Fritz. „Für jüngere Menschen ist z. B. der ‚One-Minute Sit-to-Stand-Test‘ interessant. Er überprüft gut die Kraft der Beine und ist auch ein Indikator für das Herz-Kreislauf-System.“

So geht’s:

  1. Setz dich aufrecht auf den Sessel. Knie im rechten Winkel, Füße flach am Boden, Rücken gerade.

  2. Arme vor der Brust verschränken, nicht abstützen.

  3. Starte den Timer für 60 Sekunden.

  4. Nun stehe so oft wie möglich auf und setz dich wieder hin, ohne Schwung zu nehmen. Wichtig: Der Po muss den Sitz kurz berühren, sonst zählt es nicht! Je niedriger der Sessel oder Hocker, desto schwieriger wird’s.

Na, wie oft hast du’s geschafft?

Auswertung:

  • 30+ Wiederholungen: sehr gut (für unter 60-Jährige).

  • 20–30 Wiederholungen: solide Basis.

  • unter 20 Wiederholungen: Hinweis auf Kraftverlust oder fehlende Ausdauer – Zeit für gezieltes Training.

Tipp: Mach den Test einmal pro Monat – und notiere, wie du jeweils abgeschnitten hast. Ändert sich dein Ergebnis um +/–3 Wiederholungen, ist das laut Studien ein messbarer Fortschritt oder Rückschritt.

Das heißt:

  • 3 Wiederholungen mehr = super, es geht aufwärts!

  • 3 Wiederholungen weniger = Warnsignal! Deine Muskelkraft hat nachgelassen, du solltest gegensteuern.

Variante für Ältere: Der 5-Times-Sit-to-Stand-Test

„Diese Variante ist für Menschen ab 60 – und wissenschaftlich gut untersucht“, so Dr. Fritz. „Sie misst unter anderem die Schnellkraft, die wir brauchen, um uns vor einem Sturz zu retten.“

So geht’s:

  1. Ausgangsposition wie oben.

  2. Miss die Zeit, die du für 5 komplette Aufsteh-/Hinsetz-Bewegungen brauchst.

Auswertung:

  • 6–10 Sekunden: sehr gut.

  • 11–14 Sekunden: eingeschränkt.

  • 15 Sekunden oder mehr: deutlich eingeschränkt – erhöhtes Sturzrisiko.

Selbsttest: Wie oft stehst du wirklich auf?

„Na, ständig!“ – werden die meisten sagen, wenn man sie fragt, wie oft sie täglich aufstehen. Aber stimmt das wirklich? Zähl einen Tag lang mit. 

So funktioniert’s: dein Alltag als Bewegungsprotokoll

Nimm dir für einen normalen Werktag einen Notizzettel oder dein Handy zur Hand – und mach eine einfache Stricherlliste für alle bewussten Aufstehmomente (also nicht das Aufstehen in der Früh oder jeden Toilettengang). Fokussiere z. B. auf das Aufstehen vom Schreibtisch, um dir einen Kaffee zu machen. Oder wenn du zur Tür gehst, weil es klingelt …

Auswertung: Was sagt deine Aufsteh-Liste?

Die meisten von uns kommen auf 30 bis 40 bewusste Aufsteh-Momente pro Tag. Bei einem 16-Stunden-Tag entspricht das etwa 2 Mal Aufstehen pro Stunde.

Klingt wenig? Ist es auch.

Damit bist du übrigens nicht allein. Eine britische Studie der Glasgow Caledonian University hat gesunde Erwachsene mit Bewegungssensoren ausgestattet. Im Schnitt standen sie 60 Mal pro Tag auf – mit einer Streuung von +/–22. Das heißt: Ja, manche kamen auf deutlich mehr, aber andere eben auch nur auf rund 40. Und das liegt am unteren Rand dessen, was dem Körper guttut.

Wann der Test wenig Sinn ergibt – und worauf du dann achten solltest

Für alle mit körperlich aktivem Beruf – z. B. am Bau, in der Pflege, im Verkauf, als Zusteller:in – ist der Test weniger aufschlussreich. Aber auch hier gilt, sich hin und wieder zu fragen: Wie kann ich einseitige Belastungen ausgleichen? Was tue ich für meinen Rücken? Wo fehlt’s mir an Kraft?

Anna Veith steht im Sportoutfit in der Natur von Schladming

Foto: Philipp Carl Riedl

Alltagsfallen: Wie du Kraft in Beinen und Rumpf verlierst, ohne es zu merken

„Es ist gar nicht der eine große Fehler“, sagt Dr. Robert Fritz. „Es sind die kleinen, täglichen Bequemlichkeiten, die uns nach und nach die Kraft in Beinen und Rumpf fürs Aufstehen nehmen.“

Falle 1: Sitzen als größter Muskelräuber

„Wenn wir die Wahl haben zwischen Sitzen und Stehen, wählen wir meistens das Sitzen. Und genau da beginnt der Muskelabbau“, sagt Dr. Fritz. „Ab dem 30. Lebensjahr verlieren wir rund 1 Prozent Muskelmasse pro Lebensdekade, wenn wir nichts dagegen tun. Im Alter sogar bis zu 3 Prozent.“ Der Experte weiter: „Bei Passivität – also, wenn man wirklich gar nichts tut und nur liegt – sind es sogar bis zu 1 Prozent am Tag! Jeder, der schon mal einen Gips hatte oder drei Wochen im Bett lag, weiß, wie schnell die Muskeln einfach weg sind.“

Was du dagegen tun kannst:

  • Hoch mit dir! Steh alle 30 bis 60 Minuten auf – und wenn’s nur kurz ist.

  • Mehr Wasser trinken. Die Folge: Du musst öfter aufstehen und zur Toilette. Außerdem ist Wasser gut für den Stoffwechsel.

  • „Bürobesuche“ machen: Beweg dich öfter mal zum Schreibtisch des Kollegen oder zur Kollegin, anstatt ihnen ein E-Mail zu schreiben. Nutze Stehtische.

  • In den Öffis bewusst stehen. Sportmediziner Dr. Robert Fritz rät: „Man kann z. B. in der Straßenbahn die Hände nur locker auf die Haltestange legen – das trainiert automatisch Balance, Rumpf und Reaktion. Und wenn’s zu wackelig wird, einfach die Stange schnell fest umgreifen.“

Falle 2: Bewegungsmangel durch Bequemlichkeit

„Vom E-Scooter direkt in den Lift – das ist mittlerweile Alltag für viele“, weiß Dr. Fritz.

Was du dagegen tun kannst:

• Früher aussteigen: Lass im öffentlichen Verkehr eine oder zwei Stationen aus und geh zu Fuß.

• Bewusst die Treppe nehmen: „Man muss nicht gleich ins 30. Stockwerk zu Fuß gehen, die Knie müssen sich erst an die Belastung gewöhnen“, so Dr. Fritz. „Bei Erkrankungen des Bewegungsapparats – wenn also etwa eine Arthrose oder ein Bandscheibenvorfall besteht – sollte man sowieso immer erst mit dem Arzt sprechen.“ Wichtig sei auch, regelmäßig treppab zu gehen. „Das Runtergehen ist oft das Anstrengende, weil die Oberschenkelmuskeln das Körpergewicht abbremsen müssen.“

Falle 3: Handy-Haltung

Das Smartphone zieht uns nach vorne: Der Kopf hängt, wir machen einen Rundrücken – und die Rumpfmuskulatur, die uns stabil halten soll, wird immer weniger gebraucht.

Was du dagegen tun kannst:

• Handy auf Augenhöhe halten.

• Gegenimpulse setzen: Aufrecht hinsetzen, Brustbein heben, Bauch leicht anspannen.

• Regelmäßig durchstrecken: Arme über den Kopf, tief einatmen, Körperspannung aktivieren.