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Es gab Zeiten in meinem Leben, da bestand ich nur aus Kopf. Und Herz vielleicht, aber sonst nicht viel. Meine Muskeln und Sehnen, meine ganzen Gliedmaßen schienen mir fast überflüssig. Ich sprach sogar davon, dass es optimal wäre, wenn mein Gehirn direkt mit meinem Laptop verbunden wäre. Arbeiten wäre dann viel einfacher.

Gut, das waren stressige Zeiten. Und was die Veränderung hervorgerufen hat, weiß ich nicht mehr genau. Denn zeitlebens war ich immer eher der Typ Faule Willi, nicht Biene Maja. Also: was Bewegung anging. Als Kind liebte ich es zwar, draußen rumzutoben, aber den Sportunterricht habe ich gehasst wie die Pest. Allein beim „Abschießen“ brillierte ich. Kräftig (und ein bisserl fies) war ich ja immer, außerdem überdurchschnittlich groß und fernab vom Elfengewicht.

Als stolze Besitzerin von mindestens 23 Persönlichkeiten versuche ich einfach, zumindest den Großteil von ihnen glücklich zu machen.

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Heute versuche ich mindestens dreimal die Woche ordentlich ins Schwitzen zu kommen. Das hat gesundheitliche, das hat ästhetische, aber das hat vor allem psychohygienische Gründe. Nein, da geht’s jetzt nicht allein um Druck abbauen oder abschalten. Als stolze Besitzerin von mindestens 23 Persönlichkeiten versuche ich einfach, zumindest den Großteil von ihnen glücklich zu machen.

Aber: Auch die „vorsorgliche Janina“ bleibt stets Hedonistin. Beim Ashtanga-Yoga dehne ich etwa meinen elendslangen Körper, weil ich keinen Bock darauf habe, mit fünfzig an meinem ersten Bandscheibenvorfall zu leiden oder dauerverspannt zu sein, wie ich es früher immer war. Außerdem habe ich im Zuge der Praxis gelernt, wie man Angst wegatmet. Und dass man kann, nicht muss. Dass jeder Tag anders ist. Und dass jeder von uns andere, wundervolle Fähigkeiten besitzt.

Ich muss es spüren

Klingt jetzt auf den ersten Blick nicht nach der totalen Weisheit, I know. Aber durch die Verbindung mit der Körperlichkeit habe ich diese zumindest verinnerlicht. Will sagen: Tausend kluge Bücher, tausend Spitzen-Blogs werden nicht so viel in mir rühren wie Bewegung in Kombination mit Life Lessons. Ich muss es spüren.

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Danke, Boxen

Ähnlich ist es beim Boxen, einer Sportart, mit der ich eigentlich der wütenden Persönlichkeit in meinem Seelen-Kaleidoskop gerecht werden wollte. Die Lessons, die ich bekam, waren denkbar andere. Ich habe Frieden mit meiner Größe, meiner Kraft geschlossen. Man hat mich sogar gelehrt, was es bedeutet, wenn man diese zu seinem Vorteil nutzt. Nicht nur im Gym, im Leben: Du kannst den Gegner leicht auf Distanz halten, du musst nicht gleich in den Infight gehen. Auseinandersetzungen passieren – und es ist leichter zu gewinnen, wenn du gerade anfangs bluffst. Deine Kraft ist nichts wert, wenn du sie nicht wohldosiert einsetzt. Du bist mehr, als du geglaubt hast. Und ja, du kannst sogar seilspringen. Und ich hasse das Seilspringen immer noch.

Selbstbewusstsein ist mehr als Stolz

Was ich nicht mehr hasse, ist mein Körper. Ich kann ihn mittlerweile sogar wohlwollend nackt im Spiegel betrachten. Nicht dass ihr jetzt denkt, ich sehe heute aus wie eine Sportskanone. Aber dadurch, dass ich eine bin – im Vergleich zu den körperlosen Zeiten –, sehe ich mich so. Und andere vielleicht auch. Die nehmen ja sowieso nur das wahr, was wir ausstrahlen.

Selbstbewusstsein, das bedeutet nicht, die Nase hoch zu tragen. Es bedeutet, die Nase geradeaus zu tragen.

Doch viel wichtiger als das Schwitzen und Verbiegen und Boxen und das Gewichte-Stemmen und das Schmerzen-Ertragen und das Über-die-Grenzen-Gehen ist das Gefühl, das man davon mitnimmt. Selbstbewusstsein ist so ein hohles Wort geworden, so abgenutzt, weil man es viel zu oft liest und hört, und je öfter man es hört und liest, desto eher klingt es wie Stolz.

Jedoch: Selbstbewusstsein, das bedeutet nicht, die Nase hoch zu tragen. Es bedeutet, die Nase geradeaus zu tragen – ins Gesicht eines jeden, der uns kleiner machen möchte.