In Partnerschaft mit

Bei den Morgenseiten handelt es sich um eine Schreibroutine, die man sich am besten täglich direkt nach dem Aufstehen vornimmt. Zum ersten Kaffee oder Tee, wenn der Tag noch frisch und unbeschwert vor uns liegt, wenn der Kopf noch halb in den Träumen der Nacht steckt. Ohne groß nachzudenken und nie perfekt formuliert, immer handschriftlich und aus dem Bauch heraus. Was uns durch den Kopf schießt, wird verschriftlicht. Entwickelt wurde dieses Konzept der von der amerikanischen Autorin Julia Cameron. Sie beschrieb in ihrem Buch „The Artist’s Way“ („Der Weg des Künstlers“) wie gut uns das intuitive Schreiben tut und wie sehr die Kreativität davon beflügelt wird.

„Man kann die Morgenseiten nicht auf die falsche Art schreiben“, betont Cameron immer wieder: „Nichts ist zu unbedeutend, zu albern, zu dumm oder zu skurril, um aufgeschrieben zu werden.“  Sprich: Alle Themen sind erlaubt: egal ob Entscheidungen im Job oder der Liebe, gesundheitliche Sorgen, emotionelle Entwicklungen, schöne Erinnerungen, familiärer Ärger, Dankbarkeit bis hin zur Planlosigkeit. Und so verschieden wie die Menschen nun mal sind, sind auch ihre Morgenseiten. Wir haben drei Carpe Diem-Leserinnen  gefragt, was ihnen die Routine nach dem Aufstehen bringt.

Anzeige
Anzeige

Morning Journaling bringt mich zurück auf den Boden

Lisa Reichkendler, Marketing Beraterin

Ich schreibe seit ungefähr 4 Jahren – mit unterschiedlicher Regelmäßigkeit – jeden Morgen auf, wofür ich dankbar bin. In Zeiten, in denen ich das nicht gemacht habe, waren meine Tage allgemein weniger entspannt. Seither übe ich mich in einer „Dankbarkeits-Routine”, die mir nicht nur persönlich gut tut, sondern auch aufzeigt, in welch´ einem Reichtum wir vor allem hier in Österreich leben. Dankbarkeitsübungen, vor allem das Morning Journaling bringt mich persönlich zurück am Boden und ist gerade in Zeiten wie diesen essentiell.  Meine persönliche Erfahrung hat mir gezeigt, dass solche Routinen Gold wert sind, weil man sich mit sich selbst beschäftigt und so auch dann den inneren Reichtum an Menschen, die einem nahestehen weitergeben kann. Am Morgen aufzuschreiben, wofür man dem Leben dankbar ist, lässt einem voller Erfüllung und Bewusstheit in den Tag starten. Für meine Dankbarkeitssätze suche ich immer wunderschöne, meist goldige Notizbücher aus, die mir die Freude am Schreiben nochmals verdoppeln.

Anzeige
Anzeige

Ich kann meine Entwicklung nachlesen

Barbara Loibnegger, Kreativtrainerin und Kunsttherapeutin

Ich schreibe seit 1998 mehr oder minder regelmäßig Morgenseiten. Damals besuchte ich eine private Schauspielschule, um Theaterregie zu studieren und eine Kollegin hat mir „The Artists Way“ geschenkt. Und da ich  jung und motiviert war und sowieso (mir und der Welt) beweisen wollte, dass ein künstlerischer Beruf nicht brotlos sein muss, habe ich mich voll reingetigert und begonnen morgens drei A4-Seiten  mit der Hand zu schreiben. Und so habe ich in der Zwischenzeit viel über mich, mein Leben, meine Muster, Ängste, meinen Mut, mein Dranbleiben, meinen inneren Schweinhund und meine Möglichkeiten gelernt. Ich kann nun nachlesen, wie ich im Laufe der Jahre selbstfürsorglicher, liebevoller und verständnisvoller mit mir selbst wurde.  Und habe gelernt, dass ich, immer ich bin und bleibe, beruflich, privat, egal. Ich bin ich. 

Die Seiten bestätigen mir das, verbinden mich mit mir und dem Leben, dem großen Ganzen, aber der Fokus ist und bleibt durch das Schreiben auf und bei mir. Und die Themen sind vielfältigst : Kinder, Karriere, Liebe, Sex, Mutterkomplexe, Minderwertigkeitskomplexe, Katzen, Internet, Freunde, Freundinnen, Liebhaber, Wetter, Stimmung, Rechte, Pflichten, Rausch, Reue, Fragen, Affirmationen: alles, alles, alles hat unzensiert und ungefiltert Platz. Im Nachhinein nachgelesen, ganz erstaunlich, wie vielfältig und üppig das ist und wie sich Dinge und Menschen und Situationen ändern und wandeln, welche Wünsche und Sehnsüchte sich erfüllen durften und wie steinig,  und schwer und ärgerlich das alles manchmal ist – aber das der Prozess immer wichtiger ist als das Ziel.

Das Innen überträgt sich aufs Außen.

Nina Bauernfeind, Sängerin, Atem- und Stimmpädagogin

2010 war ein Jahr des Umbruchs für mich. Meine Atemlehrerin an der Schule des Sprechens hat mir das Buch „Der Weg des Künstlers“ von Julia Cameron empfohlen. Ich dachte, „Wow, Künstlerin … das wär ich gerne…“.Wenn ich mir ein Buch mit Kochrezepten kaufe, lasse ich mich zwar gern davon inspirieren, aber ich bleibe beim Improvisieren. Diesmal war es anders. Da hat der Zeitpunkt gestimmt und ich hab das Arbeitsbuch tatsächlich durchgearbeitet. Inklusive Morgenseiten. In dem Jahr bin ich von der Wissenschaftlerin zur Künstlerin geworden, von der Angestellten zur Selbstständigen. Ich habe eine langjährige gute Beziehung beendet und eine große Liebe gefunden. Ich habe begonnen zu schreiben, ich habe begonnen zu handeln, ich hab aufgehört mich selbst zu klein zu reden, ich habe zu mehr Selbstliebe gefunden. Inzwischen lebe ich meinen Traumberuf und begleite Menschen dabei, ihre persönliche Stimme zu entfalten.

Morgenseiten schreiben klärt. Ich ruhe mich aus auf dem Papier. Die Gedanken, die mich sonst im Alltäglichen überfallen und es mir schwer machen meinen Fokus zu halten, nehme ich schreibend wahr und kann sie leichter ziehen lassen. Durch die regelmäßige Wiederholung werden Notwendigkeiten ersichtlich und ich komme ins Handeln. Nach zwei Wochen schreiben, habe ich damals zum Beispiel begonnen voller Elan aufzuräumen, auszumisten, meine Dinge zu sortieren.  Das Innen überträgt sich aufs Außen und wenn ich mir meiner innersten Gedanken, Wünsche und Sehnsüchte bewusst bin, hab ich viel Einfluss auf mein Lebensglück.