Laufen bringt dein Gehirn ebenso auf Trab wie deine Beine
Kreativer Engpass? Geh laufen! Keine Ahnung, was du deiner Schwester zum Geburtstag schenken sollst? Geh laufen! Die Diplomarbeit schreibt sich nicht von selbst? Erraten: Laufen!

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Laufen als Fitnesstraining – fürs Gehirn? Ja! Und die Wissenschaft dahinter ist sogar erstaunlich einfach. Beim Laufen wird der präfrontale Cortex (ein Teil des Frontallappens der Großhirnrinde) heruntergefahren, also jener Teil im Gehirn, der für das logische Denken und Planen im Hier und Jetzt zuständig ist.
Der uns (gerne auch ungefragt) mit moralischen Bewertungen unseres Handelns versorgt und uns beim blitzschnellen Wechsel zwischen verschiedenen Aufgaben dient – also bei dem, was wir gemeinhin (und nicht ganz korrekt) als „Multitasking“ bezeichnen.
Der präfrontale Cortex lässt sich durchaus mit dem Arbeitsspeicher eines Computers vergleichen: Manchmal ist er einfach zu voll. Dann hilft es, die Maschine einmal herunterzufahren und neu zu starten.
Laufen ist wie ein Neustart für unser Denken, Planen, Handeln.
Schon klar, die ersten Schritte erfordern noch ein wenig präfrontale Steuerung: Welche Laufstrecke wähle ich? Hab ich den Herd abgedreht? Doch danach werden Lenken und Denken an unsere Motorikzentrale delegiert, die hoch automatisiert arbeitet. Anders gesagt: Aus meinem „Ich laufe“ wird ein „Es läuft“.

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Die Sache mit der Energie

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Was dann passiert, ist wunderbar einfach und einfach wunderbar: Bewegung produziert Energie. Die Durchblutung wird angekurbelt, mehr Sauerstoff wird transportiert. Und weil der Körper ja nicht weiß, dass ausgerechnet das Arbeitsgedächtnis auf Energiesparmodus geschaltet ist, schickt er brav weiterhin – sogar vermehrt – Energie in den Kopf.
Diese wird hier nur gerade nicht gebraucht – zumindest nicht von den üblichen Verdächtigen wie etwa dem präfrontalen Cortex. Sie bleibt frei verfügbar, um in anderen Zimmern des Oberstübchens das Licht einzuschalten. Dr. Werner Schwarz, Entwickler des Bewegungsprogramms Vital4Brain, fasst es am schönsten zusammen: „Das Großhirn wird frei. Für mich!“

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Die Sache mit der Kreativität
Mehr Energie im Kopf – was bewirkt das konkret? Zunächst verstärkt sich unsere Wahrnehmung. Erfreulicherweise ist das gar nicht anstrengend, denn ohne das Zutun des präfrontalen Cortex müssen wir aus den Wahrnehmungen ja keine unmittelbaren Handlungen ableiten. Grübeleien und Planungen haben Pause.
Stattdessen verknüpfen wir Wahrnehmung mit Gefühlen und Erinnerungen. In diesem Stübchen brennt nämlich gerade Licht. Der Wahrnehmung folgt unsere Aufmerksamkeit. Auch sie wird messbar gestärkt – ohne dass wir das Wahrgenommene gleich werten.

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Bekanntlich befindet sich ja auch das „Zentralkomitee“ für Bewertungen im Energiesparmodus. Wie befreiend! Zu guter Letzt nimmt die Konzentration zu. Denn das sogenannte Multitasking (das ja kein Nebeneinander der Tätigkeiten ist, sondern ein atemlos-hektisches Hin-und-her-Schalten) ist ebenfalls heruntergefahren.
Wahrnehmung ohne Handeln. Aufmerksamkeit ohne Werten. Konzentration auf das, was ist.
Das ist der Mix, aus dem Kreativität entsteht kann. Dir kommen beim Laufen die besten Ideen? Kein Wunder!
Die Sache mit dem Glück
Was Laufen außerdem tut: Es liefert den Botenstoff Serotonin, unseren mächtigsten Verbündeten auf der Suche nach dem Glück. „Serotonin lässt das Gehirn achtsam mit sich selber reden“, sagt Werner Schwarz. „Es bremst unsere eigenen bösen Zurufe und hemmt das unheilstiftende Wirrwarr der Gedankenkreisel. Wir fühlen uns wach. Und glücklich.“

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Wir können also Gehirnzellen nicht nur ab-, wir können sie auch aufbauen. „Bewegung ist das stärkste Leistungsmedikament. Es ist legales Doping fürs Gehirn“, sagt Schwarz. Also rein in die Laufschuhe und ab nach draußen!
Der erste Schritt ist der wichtigste. Zumal er der schwerste ist. Jeder weitere Schritt wird leichter – und trägt seinen Teil bei: zu Entspannung, Kreativität, Intelligenz und guter Laune. Es gibt, so Werner Schwarz, überhaupt nur einen Laufschritt, der nicht gut ist: der, den man nicht tut.
