„Ob wir gerne laufen oder nicht, können wir steuern“
Laufen tut Körper und Seele gut - aber warum ist dafür so viel Überwindung nötig? Alles reine Kopfsache, meint Mentaltrainer und Laufcoach Florian Reiter und gibt Tipps, wie jeder zum Jogging-Junkie werden kann.

Bild: Naitian(Tony) Wang/Unsplash
Es ist doch ein wenig wundersam: Für so viele von uns ist das Laufen ein Muss – für andere aber ein großer Genuss. Es ist die wohl einfachste Sportart, die man sich wünschen kann. Wir können überall und immer laufen gehen, langsam oder schnell, im Urlaub oder auf Business-Trips, eine lange Runde durch den Wald oder eine kurze um den Block.
Und doch ist für viele das Laufen eher lästig als lustvoll. Wie kommt das? Wieso müssen sich die einen zum Schuheschnüren aufraffen, und andere freuen sich am Abend vorher schon auf die Morgenrunde? Ist es die Physis, die Statur? Ist man gar zum Läufer geboren – oder eben nicht?
Ob wir gerne laufen oder nicht, können wir sehr wohl steuern.
Florian Reiter

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„Der Körper ist es weniger“, sagt Lauf- und Mentalcoach Florian Reiter, „es ist vielmehr der Kopf. Im Grunde kann jeder laufen – jeder auf seine Art und in seinem Tempo. Ob wir das gerne machen oder nicht, können wir sehr wohl steuern.“ Der ausgebildete Physiotherapeut aus Steyr hat ausreichend Beispiele hierfür. „Wir sind für Bewegung, für das Laufen geschaffen“, ist er sich sicher. „Als Kinder sind wir alle gerne herumgesprungen, aber wie so vieles scheinen wir das im Erwachsenenalter ins Gegenteil zu verkehren.“
Einer der größten Frustbringer ist dabei der Druck, den wir uns selbst auferlegen. „Menschen bewerten sich selbst zu sehr und blockieren sich dadurch“, erklärt Reiter. Geht er mit seinen Klienten die Ausgangslage durch, stellt er immer wieder fest, dass vor und während des Laufs negative Gedanken den Kopf beherrschen.

Bild: Dani Marroquin/ Unsplash
Für das Laufen ist der Gedankengang entscheidend – und den können wir sehr gut trainieren.
Florian Reiter
Negativ-Aussagen wie ...
- „Ich bin zu faul“
- „Mit meinem Gewicht tu’ ich mir schwer“
- „Ich bin zu langsam“
- „Es ist zu schwierig“
... können in unserem Denken das Kommando übernehmen. „Der Druck, der aufgebaut wird, der ständige Vergleich und die Bewertung oder Abwertung sind das große Hindernis.“ Die sozialen Medien, meint er weiter, die alles in scheinbarer Perfektion darstellen, würden ihr Übriges beisteuern.

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Barfuß durch den Wald
Doch Reiter macht Hoffnung: „Für das Laufen ist der Gedankengang entscheidend – und den können wir sehr gut trainieren.“ Wie also findet man einen positiven Zugang zum Laufen? Wie entdeckt man die kindliche Freude an der Bewegung wieder? „Indem man sich selbst analysiert und darüber erkennt, was einem die Lust am Laufen raubt. Wohin gehen meine Gedanken? Und bin ich dabei nicht zu fordernd oder unfair zu mir?“ Dann gehe es darum, sich von diesem einengenden Gedankenkorsett zu befreien.
Florian Reiter geht mit seinen Klienten gerne auch barfuß durch den Wald. „Es geht darum, herauszufinden, um was es tatsächlich beim Laufen geht. Man spürt den Untergrund, nimmt die Natur, die Umgebung bewusst wahr.“ Häufig gelingt es so, den Hebel im Kopf umzulegen, sich von Leistungsdruck zu befreien und an Leichtigkeit zu gewinnen.

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„Der Anfänger sollte sich über jeden Schritt freuen, den er zurücklegt – auch wenn er nur eine Minute läuft“, sagt Reiter. „Der andere entdeckt, wie viel Spaß es bringt, über Stock und Stein zu hüpfen, und der nächste liebt es, zur Musik zu laufen oder verliert sich in Podcasts.“
Und wer sich einmal freigelaufen hat, der kommt bald in den Genuss von Erfolgsgefühlen, von positivem Körperempfinden – und noch mehr Lust auf Laufen.
