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Zelten, Dreck und Badezimmerlosigkeit verabscheue ich. Nicht nur deshalb ist mir seit Tagen flau im Magen.

Ich versteh nicht, wieso man in den Busch geht, wenn man Campen nicht mag“, hat eine Reisebekanntschaft neulich zu mir gemeint. Ich gebe zu, die Frage ist berechtigt. Manchmal weiß ich selber nicht, warum ich mich für den Grundkurs zur Safari-Ranger-Ausbildung angemeldet habe. Ich schätze, ich muss mich nur wieder daran erinnern, wie es sich angefühlt hat, als ich beschloss: Ich mach das.

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Es war Winter in Wien. Arschkalt. Frierend stand ich an der Bushaltestelle, um zur Arbeit zu fahren, als plötzlich die Sonne aufzog und sich mit ihrem Glitzern hinter den Wolken meine Laune hob.

Elefanten im afrikanischen Busch

Bild: Larry Li/Unsplash

Damals wurde mir schlagartig bewusst: Meine Morgenroutine könnte auch ganz anders aussehen – wenn ich das wollte. Ich könnte anstelle von grauen Straßen auf sattgrüne Akazien und die weite afrikanische Steppe schauen. Ich könnte mich statt auf To-do-Listen auf unbekannte Abenteuer einlassen. Ich könnte Freiheit einatmen, den ganzen Tag in den Himmel schauen und Vögel beobachten, um am Ende vielleicht mehr über sie zu wissen, als dass sie gefiedert und geflügelt sind. Ich könnte an einem ganz normalen Werktag um acht Uhr früh ein Rudel Löwen beobachten anstelle plärrender Schulkinder.

Mir wurde schlagartig bewusst Meine Morgenroutine könnte auch ganz anders aussehen – wenn ich das wollte.

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Zwischen meinem Dasein im Bus und meinen Träumen im Busch standen nur meine Angst und mein Sicherheitsdenken.

Löwen im afrikanischen Busch

Bild: Joel Herzog/Unsplash

Everything you want is on the other side of fear, hämmerte es in meinem Kopf. Und ab da war nichts mehr, wie es war. Ich hatte mir erlaubt, gedanklich eine Tür mit tausend Möglichkeiten aufzumachen und konnte die Sache nicht mehr vergessen.

Der Vollständigkeit halber: Die Idee mit dem Busch kam mir nicht an der Bushaltestelle. Die Bushaltestelle hat mir nur verdeutlicht, dass ich was anderes vom Leben will. Dem vorausgegangen waren unzählige Abende auf der Couch, mit dem Laptop auf dem Schoß, um mögliche neue Kapitel in meinem Leben zu recherchieren. Ich zoomte mich durch Landkarten. Gab in Flugbuchungsseiten alle möglichen Destinationen ein. Ich kam keinen Meter weiter.

Ich schrieb eine Liste mit Dingen, die mein abgeklärtes Herz noch zum Hüpfen brachten.

Meine erste Weltreise wollte und konnte ich nicht wiederholen. Aber das Fernweh blieb. Nur wohin? Und was machen? Am Ende zwang ich mich dazu, eine Liste zu schreiben. Mit Dingen, die mein abgeklärtes Herz noch zum Hüpfen brachten. Ganz oben stand: „Afrika / Safari / in freier Natur leben“. Trotz Camping-Phobie. Und das Herz wusste auch genau, warum die Finger das schrieben.

Zebras im afrikanischen Busch

Bild: George Brits/ Unsplash

Ich war auf meiner ersten Weltreise drei Tage auf Safari gewesen. Eher zufällig, eine Reisefreundin hatte mir davon erzählt, ich fuhr spontan mit. Ich hatte mir nicht viel erwartet – exotische Tiere, wie im Zoo, nur größer – und kam tief beeindruckt zurück. Von der unfassbaren Schönheit der Natur. Aber vor allem vom Zusammenspiel der Tiere.

In der Wildnis geht es nicht nur ums Fressen und Gefressenwerden, sondern um Allianzen.

In der Wildnis geht es nicht nur ums Fressen und Gefressenwerden, sondern um Allianzen, um geheime Codes, um Absprachen, die der Mensch nicht versteht, schon gar nicht, wenn er Städter ist. Damals lernte ich, dass Zebras sich mit den Gnus zusammentun, um Wasser zu finden. Ich begriff, dass Büffel neben Löwen grasen können. Sofern die Raubkatzen im Morgengrauen gefressen hatten, droht keine Gefahr.

Ich sah, wie Elefanten sich rund um ihre Babys stellen, nur um ihre Haut vor der Sonne zu schützen. Ich entdeckte eine Welt, die ich nicht mal im Ansatz begriff, obwohl diese Welt auch mein Zuhause ist. Und das gab mir zu denken.

Ich entdeckte eine Welt, die ich nicht mal im Ansatz begriff, obwohl diese Welt auch mein Zuhause ist. Und das gab mir zu denken.

Irgendwie komme ich immer durch, auch in den größten Metropolen dieses Planeten. Die Sprache und das Essen mögen anders sein, aber am Ende funktionieren alle Städte gleich. Würde man mich allerdings in der Natur aussetzen, ich wäre ab Stunde eins verloren.

Im afrikanischen Busch

Bild: Waltraud Hable

Ich weiß nicht, wie man mit den Sternen navigiert oder wie man ohne Landkarte Wasser findet. Und habe keinen Tau, welche Raubkatzen Einzelgänger sind und welche gern im Rudel umherstreifen – spätestens dann, wenn eines um die Ecke biegt, sollte man das aber wissen. Ich kann die verschiedenen Singlaute der Vögel nicht deuten, ich weiß nur, ihr Zwitschern verrät Wasser, Tumult, Gefahr. Ich habe so viel zu lernen. Darum der Busch.

Ich habe so viel zu lernen. Darum der Busch.

Mein Hirn braucht Futter. Und mein Herz auch. Der Gedanke daran, dass ich ab sofort in viele Geheimnisse der Natur eingeweiht werde, macht mich euphorisch. Aber eben auch ängstlich. Denn eines weiß ich jetzt schon: Beim Zelten ist das mit der persönlichen Hygiene schwierig. Aber noch schwieriger wird’s, wenn man das Knurren eines Erdhörnchens nicht vom Knurren eines Löwen unterscheiden kann. Darum: Wünscht mir Glück, ich kann es brauchen! WEITER: Waltraud probiert Ayahuasca.

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Shake it off! Unsere Autorin ist endlich wieder in die Tanzschuhe geschlüpft und hat die Nacht zum Tag gemacht. Müde ist sie trotzdem nicht. Weiterlesen...