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Genugtuung. Das ist es. Dieses Wissen, dem Alltag einen Hauch von Überlegenheit offenbaren zu dürfen. „Und du, Quälgeist“, sage ich, „du wirst morgen die Klappe halten.“ Und während ich am Samstagabend so eindringlich mit dem Wecker spreche und fast diabolisch entschlossen dessen Alarmfunktion deaktiviere, stelle ich mir die Frage: Ob wohl auch andere Menschen mit jener elektronischen Image-Null, die der Natur die Macht über den Lebensrhythmus entreißt, regelmäßig in einen Dialog treten?

Denn natürlich ist es gut, sich mit den existenziellen Fragen des Lebens zu beschäftigen: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und darf ich morgen tatsächlich ausschlafen? – Das lenkt auch von der Alterserscheinung ab, dass ein lustvolles Lahmlegen des Weckers längst zum Inbegriff von Saturday Night Fever wurde.

Ich erwache zwar dann am Sonntag ohnehin zur gleichen Zeit wie an jedem anderen Tag der Woche, weil die innere Uhr nicht deppert ist, aber: Es fühlt sich anders an. Weil ich das Pflichtbewusstsein in der REM-Phase zurückgelassen habe.

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Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und darf ich morgen tatsächlich ausschlafen?

Michael Hufnagl, Journalist und Autor

Ich öffne also am Sonntagmorgen mit fast unheimlicher Leichtigkeit die Augen. Kein Erwartungsdruck. Sieht man vom überfälligen Treffen mit der Poldi-Oma im Gasthaus „Zum ledernen Schnitzel“ ab.

Und irgendwann zwischen dem Frühstück (das mehr ist als ein schneller Espresso während des Mailcheckens), der Outfit-Entscheidung Jogginganzug oder Jogginganzug und der Hingabe zur Langsamkeit des Seins taucht unweigerlich der Müßiggang-Gedanke auf: Warum um Himmels willen kann nicht jeden Tag Sonntag sein?

Mit dieser inneren Balance, mit diesem Tun ohne Zielvorgabe und mit dieser Wonne, sich jene Zeit zu nehmen, die ich angeblich nie habe?

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Aber die Augen zu öffnen für alles Schöne hat an jedem Tag einen unschätzbaren Wert. Egal, wann der Wecker läutet.

Und daran knüpft sich bei genauerer Betrachtung gelegentlich auch die Frage: Was könnten mein Montag, mein Dienstag und wie sie alle heißen von meinem Sonntag lernen? Oder: Wie viel Sonntag müsste immerzu in mir sein?

Ich könnte mir die Illusion natürlich selbst sofort nehmen und mich daran erinnern, dass ich schon heute Abend König Wecker routinemäßig das Zepter zurückgeben werde … Oder aber ich bastle aus meinem Sonntagsfrohsinn ein buntes Packerl, mit einem carpe diem-Schleiferl drum herum, und bringe es ins Büro mit.

Wo mich die Kollegen mit ihren Montagsgesichtern möglicherweise so verblüfft anschauen, als würde ich gestehen, dass ich für die Sonntagszeitung verlässlich Geld einwerfe. Aber die Augen zu öffnen für alles Schöne hat an jedem Tag einen unschätzbaren Wert. Egal, wann der Wecker läutet.

Michael Hufnagl ist Journalist, Autor und ein Freund aller schönen Dinge im Leben. Klar, dass da der Sonntag dazuzählt.

Kennst du schon?