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Schon große Denker wie Aristoteles und später auch Charles Darwin grübelten über das Phänomen – jetzt, fast 2.000 Jahre später, wagt sich auch die moderne Wissenschaft ans Kitzeln. Wir haben ein paar Antworten.

  1. Wo wohnt die Kitzligkeit?
    Die Körperoberfläche, die gekitzelt wird, sendet über das Nervensystem Signale an unser Gehirn, das den Input verarbeitet und Impulse weiterleitet – wir reagieren. Die„kitzlige Stelle“ im Gehirn liegt in jenem Bereich, der auch für den Spiel­trieb verantwortlich ist.
  2. Warum müssen wir lachen?
    Da sind sich die Wissen­schaftler nicht ganz einig: Für die einen ist es ein Zeichen von Erleichterung, da das Gehirn merkt, dass es sich bei der Berührung um keine Bedrohung handelt. Andere sehen darin einen puren Reflex auf einen körperlichen Reiz, der sich ebenso wenig ausschalten lässt wie etwa das Erschrecken bei einem lauten Knall.
  3. Wozu ist Kitzeln gut?
    Es könnte unsere Abwehrfunktionen zum Schutz empfindlicher Körperstellen schulen, hat aber vor allem eine soziale Funktion: Der Kitzel ist eine der ersten Formen der Kommunikation zwischen Mutter und Kind, dient dem Kennenlernen, generell dem Bindungsaufbau. Kitzeln einander zwei Menschen und lachen, schweißt das zusammen. Zuneigung und geschlossene Augenscheinen das Kitzlig sein zusätzlich zu verstärken.
  4. Sind wir alle gleich kitzlig?
    Nein. Ganz entziehen können wir uns dem Reiz nicht – aber: Wie stark wir darauf reagieren, hängt auch davon ab, wie wir ihn wahrnehmen. Kinder (ab sieben, acht Monaten) sind allgemein kitzliger als ältere Menschen. Entscheidend ist auch die Laune: Wir sind weniger kitzlig, wenn wir traurig oder wütend sind. Und: Sehr kitzlige Eltern haben meist auch sehr kitzlige Kinder.
  5. Können wir uns selber kitzlen?
    Nein, weil unser Gehirn mitdenkt und die eigene Berührung nicht als Bedrohung empfindet – es weiß ja, welches Gefühl es gleich zu erwarten hat. Sobald also der Befehl „Kitzeln!“ zur Hand gefunkt wurde, ignoriert das Gehirn den Reiz. Werden wir „fremdge­kitzelt“ und wissen schon vorab, an welcher Stelle genau, sind wir trotzdem kitzlig – der Effekt ist aber deutlich schwächer.

Die Kitzligkeit ist ein Trick des Gehirns, der Individuen dazu bringt, miteinander zu interagieren.

Univ.­Prof.Dr.Michael Brecht, Neurobiologe
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Warum ist Kitzeln so schrecklich-schön?

  • Weil es unterschiedliche Arten davon gibt. Knismesis steht für den sanften Reiz, den man spürt, wenn etwa eine Feder über die Haut streicht. Gargalesis ist eine massive Kitzelattacke, bei der punktueller Druck auf sensible Körperpartien ausgeübt wird.
  • Weil wir nicht überall gleich kitzlig sind. Manche Körperpartien (etwa die Fußsohlen, die Achselhöhlen, der Hals, die Bauch- und Schenkelinnenseiten) sind für den Reiz besonders empfänglich. Ein Grund dafür könnte die unterschiedliche Verteilung der Neurorezeptoren in der Haut sein.
  • Weil Lust und Schmerz so nahe beieinanderliegen. Wir sind hin und her gerissen. Ziehen den Fuß weg, suchen zugleich aber den Kontakt zum Kitzelnden. Christian Metz erklärt das so: „Kitzeln ist die kleinst-mögliche Einheit von Nähe und Distanz.

Quellen: UNIV.-PROF. DR. MICHAEL BRECHT, Autor einer Kitzelstudie an der Berliner Humboldt-Universität; CHRISTIAN METZ, Autor des Buches „Kitzel: Genealogie einer menschlichen Empfindung“ (S. Fischer Verlag)

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