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Auch wenn man es meinen möchte: selbst mir scheint nicht immer die Sonne aus dem Popo. Manchmal verschiebt sich etwas im System und dann gehe auch ich ein bissl verloren.

Mein Körper, mein Geist und und meine Seele: Ich stelle sie mir wie drei gleichförmige Scheiben vor – und nur wenn sie exakt übereinander liegen und eine feste Einheit bilden, kann ich leicht und sorglos sein. Je weniger sie sich berühren, desto schwermütiger werde ich. Je deckungsgleicher sie sind, desto mehr kann ich strahlen und auch andere zum Strahlen bringen.

Sei jetzt fröhlich!

Wie wenig die innere Balance mit den äußeren Gegebenheiten zu tun hat, merke ich vor allem an perfekten Tagen. Im fröhlichen Sommer mit seinen fröhlichen Farben. Am Wochenende mit all seinen Verlockungen. Wenn die Welt nach Zitroneneis und Wiesenkräutern duftet, das Gras unter den Füssen klitzelt und es Licht gibt und Wärme von früh bis spät.

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Nicht nur Lana Del Rey kennt die von ihr besungene „Summertime Sadness“: Während die Freibäder vor Fröhlichkeit übergehen, Grillpartys und Urlaubsflirts warten, die Röcke kurz sind und der Asphalt heiß, leiden manche an innerer Unruhe, melancholischer Grundstimmung und einem merkwürdigen Gefühl der Sehsucht und des Nicht-dazu-Gehörens. 

Ein Gefühl, das auch entsteht, wenn man die vielen Möglichkeiten sommerlicher Zerstreuung nicht nutzt. Wenn man nicht genießen kann und es partout nicht schafft im Moment zu sein. Wollen wir an den Badeteich? Lieber auf die Burg spazieren? Zum Heurigen? Kino unter Sternen? Am Schluss sitzt man hinter zugezogenen Vorhängen am Sofa und fühlt sich ungenügend.

Und dann noch ein schlechtes Gewissen...

Dieses Wochenende hatte ich wirklich keinen Grund zu meckern. Ich war umgeben von Natur, Freundlichkeit und herrlichen Aussichten. Aber ich konnte sie nicht genießen. Ich kam mir vor wie ein Statist. Ich sah all das Schöne und Göttliche um mich herum, berührte es, hörte es, trank und verspeiste es – aber daran teilzunehmen, das gelang mir nicht. Es berührte mich nicht.

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Und ich hatte mächtig schlechtes Gewissen deswegen. Immerhin – der arbeitsreiche Montag wartet ja und man kann sich davor nicht mal entspannen. Blöde Sache.

Natürlich geht man da erst mal auf Ursachenforschung: Ist es der Vollmond? Etwas Hormonelles? Gibt es etwas, das ich verdränge und das sich nun bemerkbar macht? Die Suche verläuft meist erfolglos, denn so eine kleine „Summertime Sadness“ muss keine wirkliche Ursache haben.

Foto: Olguta Serban / getty images

Es ist ein Akt der Selbstliebe sich zu erlauben, nicht dem Bild zu entsprechen, das man selbst gerne von sich zeichnen möchte, um anderen zu gefallen.

Am ehesten ist sie mit dem Gefühl vergleichbar, das sich bei vielen an Feiertagen wie Ostern oder Weihnachten breit macht: Die anderen sind so glücklich – und ich bin es nicht. Der Druck, etwas Tolles zu verpassen, pegelt die Laune zusätzlich herunter. Wer in unserer auf permanente Glückseligkeit fokussierten Gesellschaft auf die Frage: "Was hast du gestern denn gemacht?" mit "Nichts" antwortet, mit dem stimmt doch was nicht. Es ist vielleicht der größte Akt der Selbstliebe sich zu erlauben, nicht dem Bild zu entsprechen, das man selbst gerne von sich zeichnen möchte, um anderen zu gefallen.

Ein Gefühl der Demut

Trost – obwohl kann man überhaupt getröstet werden, wenn es keinen Grund für Traurigkeit gibt? – fand ich wie so oft im sozialen Austausch. Der Summertime Blues befällt mehr Menschen als man annimmt und – heureka! – er geht wieder vorüber. Vor allem, wenn man sich traut, ihn anzusprechen.  

Ein guter Freund – der arme Kerl wurde einst von mehr als von einer vorübergehenden Verstimmung geplagt – erzählte mir, was ihn aus seiner größten Krise holte. Es war ausgerechnet ein Youtube-Video. Und zwar jenes von Kommandeur Chris Hadfield an Bord der Internationalen Raumstation, der dort oben und mit atemberaubenden Ausblicken auf die Erde in seiner Raumkapsel David Bowies „Space Oddity“ perfomte. Mein Freund meinte, es sei ihm in diesem Moment bewusst geworden, wie groß und wunderbar dieses Universum ist. Dass wir alle verbunden sind und kein Mensch mit seinen Sorgen und Ängsten wirklich alleine ist. Er beschrieb es als Gefühl der großen Demut und Dankbarkeit.

Ein Grund zum Glücklichsein

Heute ist Montag, vor mir liegt ein Tag voller Termine und Deadlines. Aber ich bin glücklich. Ich arbeite gerne, meine Arbeit ist für mich viel mehr als ein Mittel, die Miete zu zahlen. Deshalb bin ich nicht gleich eine Karrieristin. Deswegen muss man nicht denken, ich sei verrückt. Ich empfinde einfach das, was ich tue, als sinnstiftend.  

Was der Mensch wirklich will, ist letzten Endes nicht das Glücklichsein, sondern ein Grund zum Glücklichsein.

Das sagte einst der berühmte Psychiater Viktor Frankl. Und recht hat er.