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Im Rahmen eines Safari-Kurses in Südafrika lernt man nicht nur viel über Tiere. Man kann hier auch gut Menschen studieren. Graham etwa. Einen wettergegerbten Mittfünziger-Buschmann, der wie die Reinkarnation von Crocodile Dundee aussieht, aber vor allem so, als könne er im Busch ohne Zelt, Nahrung oder sonstige Hilfsmittel überleben.

Graham ist ein Buschmann, Mitte 50, der wie die Reinkarnation von Crocodile Dundee aussieht.

Graham flucht ständig. Er sagt „fucking“ und „goddamn“ in jedem Satz und ich vermute, es tut es vor allem deshalb, um davon abzulenken, wie groß und weich sein Herz ist. Graham liebt die Menschen, innerhalb einer Stunde hat jeder einen zweisilbigen Kosenamen bei ihm (meiner ist WaWa, der von Kollegin Mary is EmEm, der von Mitstudent Ryan RaRa), aber noch mehr liebt er die Tiere: Graham hat zwei Leoparden-Babys per Hand aufgezogen und 15 Jahre mit Pavianen verbracht, am Ende ließ er sich von dem wilden Affentrupp quasi adoptieren, um ihre Verhaltensweisen besser analysieren zu können. Er ist ein Freigeist, den wenig erschrecken kann.

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Ranger Graham Dschungel
Ranger Graham

Foto Credit: Waldtraud Hable

Graham wurde bereits von einem Büffel, Elefanten und Nashorn angegriffen. „Jetzt fehlen mir nur noch Leopard und Löwe, dann haben mich alle Big 5 am Kieker gehabt.“ Und so sehr ich Graham mag, mitunter bringt er mich moralisch zum Grübeln: Seit er mir erzählt hat, wie er einen Wilderer beim Niedermetzeln eines Elefanten erwischt hat und ihn auf der Flucht bewusst in einen Fluss voller Krokodile laufen ließ, weiß ich nicht mehr, wo die Grenze zwischen Killer und Tierschützer zu ziehen ist.

David wiederum ist das komplette Gegenteil. Er ist Safari-Lehrer und eine Mischung aus Insekten-Nerd und Eso-Guru – inklusive Buddha-Statuen vorm Zelt. Niemand weiß soviel über Ameisen, Würmer und Motten wie er, doch auf Dauer ist die Sache anstrengend, denn der Gute scheint kein anderes Thema zu kennen. Sogar wenn Giraffen vorbei staksen, sieht David nur Insekten.

Ranger Dschungel
Ranger Richard

Foto Credit: Waldtraud Hable

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Im Fell einer Giraffe finden sich hunderte Zecken“, erklärt er dann. Und wenn man daraufhin mit dem Augen rollt, kann es passieren, dass man flugs mit einer spirituellen Räucher-Reinigung bedacht wird. Allerdings zündete David dafür nicht getrockneten Salbei an, sondern Elefantendung. „Das ist gut gegen negative Energie“. Mit diesen Worten wedelte er neulich mit dem Kotknödel um mich herum. Seitdem meide ich ihn. Wer weiß, womit er als nächstes um die Ecke kommt.

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Einer meiner Lieblingsmenschen hier ist aber Richard. Er gehört ebenfalls dem Lehrerstab an und ist einer der lustigsten Menschen, die ich kenne. Richard isst gerne und das sieht man auch. Sein Bauch hängt über den Hosenbund, sein freundliches Gesicht ist meist verschwitzt, die südafrikanische Sommerhitze und Übergewicht vertragen sich nicht.

Ich mag Richard vor allem deshalb, weil er die Tierwelt so erklären kann, dass man sich die Dinge merkt. Dank ihm weiß ich, dass man ausgesetzte Eichhörnchen-Babys besser nicht mit nach Hause nimmt, um sie aufzuziehen. Außer, man hat eine groß angelegte Renovierung der Wohnung geplant. „Der kleine Scheißer hat alles angenagt und am Ende musste ich sämtliche Wände neu streichen lassen, weil er das Pulver für meine Limobrause, Geschmacksrichtung Traube, gefunden und sich offenbar darin gewälzt hatte. Überall fanden sich lila Pfotenspuren, auf den Wänden, den Vorhängen, dem Lampenschirm.

Ich mag Richard vor allem deshalb, weil er die Tierwelt so erklären kann, dass man sich die Dinge merkt.

Und dass der Honigdachs unangefochten das furchtloseste und aggressivste Wesen der Welt ist, hat sich mir auch für immer ins Hirn gebrannt. Der Honigdachs legt sich mit allem und jedem an, notfalls auch mit Richards bestem Stück. „Es war eine schwüle Nacht und plötzlich hörte ich aus der Camp-Küche Geräusche. Also bin ich – nackt, wie Gott mich schuf – raus, um nach dem Rechten zu sehen. Es war zu heiß, um Stoff am Leib zu tragen, außerdem waren ich und meine Freundin alleine am Campingplatz.

Der Honigdachs legt sich mit allem und jedem an, notfalls auch mit Richards bestem Stück.

Am Ende stand Richard einem Honigdachs gegenüber, der es auf Grill-Koteletts abgesehen hatte – und zur Verteidigung dieser Anstalten machte, in Richards Penis zu beißen. Zumindest stürzte es sich darauf. „Gegen einen Honigdachs kommst du nicht an,“ seufzte Richard über den Verlust der Grill-Koteletts und zur Rettung seiner Kronjuwelen. Und ich wälzte im Zelt die Bücher und las alles begeistert über den Honigdachs nach.

Ranger Dschungel

Foto Credit: Waldtraud Hable

Die wichtigste Weisheit von Richard aber lässt sich in zwei Worte zusammenfassen. „Shut up. Klappe halten.“ Das hat er am öftesten zu mir und meiner Gruppe im Feldunterricht gesagt. Er zwang uns, auf einem Felsen Platz zu nehmen und Nichts zu tun. Wir sollten nur lauschen. Dem lauten Gewirr aus Vogelstimmen, Grillen und dem Wind. Und der Stille. Und ja, beides ist in jedem Moment zu finden.

WEITER: „Du bist nie mutterseelenallein, auch wenn du dich so fühlst“