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Alte Philosophien sind mitunter schwer zu erklären. Gehen wir deshalb kurz in den Garten, um das Prinzip von Wu wei verstehen zu lernen: Sind die Samen ausgesät, können wir zwar durch Gießen und Jäten zur Entwicklung der Pflanzen beitragen. Es hilft jedoch nicht, wenn wir an den Halmen ziehen, damit sie schneller wachsen.

  • Wu wei bedeutet nichts anderes, als den Dingen ihren natürlichen Lauf zu lassen. Nicht alles kontrollieren zu wollen. Nicht sofort zu handeln – denn (noch) nicht zu handeln und auf den richtigen Zeitpunkt zu warten ist mitunter der bessere Weg.

Diese Weltanschauung prägte vor allem der chinesische Philosoph Laotse, der auch als Begründer des Taoismus gilt. Für ihn war schon im 6. Jahrhundert vor Christus klar: Wenden wir zu viel Energie für etwas auf – weil wir z. B. eine Sache zu sehr wollen –, führt das zu einem Verlust von Kraft (Chi).

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Theo Fischer, einer der bekanntesten deutschen Autoren zu asiatischer Philosophie und Lebenskunst erklärt in seinem Bestseller „Wu wei – die Lebenskunst des Tao“, dass unser Denken nutzenorientiert ist und meist mit der Vergangenheit arbeitet: „Wir schließen aus den Erfahrungen der Vergangenheit auf unsere Zukunft und missachten die Gegenwart. Dadurch sind wir blind und taub für das Hier und Jetzt und werden außerdem zunehmend unfähig, überhaupt noch etwas Neues zu erfahren.“

Wu wei heißt für ihn: Taucht ein Problem auf, gilt es zuallererst, es als Tatsache anzunehmen. Ganz nüchtern. „Die Geheimformel lautet: Es ist so.“ Und dann schaut man sich die Situation aus einer gewissen Distanz an, um sich auf Lösungen einzulassen, die zu einem selbst passen – und zum natürlichen Lauf der Dinge.

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Doch wie entwickelt man diese Gelassenheit? Wie lässt man los in einer Welt, in der sich alles ums schnelle Reagieren und ständige Schaffen dreht? Hier ein paar Impulse, wie sich Wu wei im Alltag üben lässt.

1. Die Welt durch wache Kinderaugen betrachten

Wie ist etwas wirklich? Wie würde ich eine Situation sehen, wenn ich nicht automatisch Erfahrungen aus der Vergangenheit dazu addieren würde?

2. Gedanken beobachten

Anstatt krampfhaft zu versuchen, nichts zu denken – warum nicht einfach mal die eigenen Gedanken beobachten? Wie entstehen sie? Wie lange bleiben sie? Warum kommen sie? Bis irgendwann ... Stille und innere Ruhe einkehrt.

Die Dinge loszulassen bedeutet nicht, sie loszuwerden. Sie loslassen bedeutet, dass man sie sein lässt.

Hape Kerkeling (*1964), deutscher Komiker, Autor und Moderator

3. Dem Lauf der Dinge folgen

Wu wei bedeutet, dann zu essen, wenn man hungrig ist – und nicht weil eine bestimmte Uhrzeit ist oder jemand gekocht hat. Man pflanzt eine Staude, wenn die Witterung günstig ist und nicht, weil’s eben nur am Wochenende geht. Man rennt dem ungestümen Hund nicht hinterher, sondern geht weiter in die eingeschlagene Richtung, darauf vertrauend, dass er einem folgen wird.

4. Ruhe-Rhythmen schaffen

Die Natur strotzt im Frühling und Sommer vor Energie und ruht im Herbst und Winter. Das Meer folgt Ebbe und Flut. Was wir uns davon abschauen können? Dass Schaffensperioden genauso wichtig sind wie Pausen – und man Pausen nicht erst dann zulassen sollte, wenn man völlig hinüber oder ausgebrannt ist.

5. Ergebnisse nüchtern sehen

Ja, wir sind für unsere Handlungen verantwortlich, aber nicht für das Ergebnis dieser Handlungen – denn jedes Ergebnis hängt von vielen Faktoren ab, die wir nicht kontrollieren können. Einatmen. Ausatmen. Man hat sein Bestes gegeben. Der Rest wird sich finden.