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Beginnen wir diese Kolumne gemeinsam. Atmen wir.
Ein, aus, ein, aus. Ganz ruhig, ganz normal. In dem Rhythmus, der Ihnen passt, ein, aus, wie es sich für Sie angenehm anfühlt. Noch drei, vier, fünf Mal, ein, aus, dann halten Sie bitte nach dem Ausatmen die Luft an, ganz entspannt, und schauen auf die Uhr. Stoppen Sie, wie lange Sie die Luft anhalten können, aber – und das ist wichtig – so entspannt, dass Sie danach ganz normal weiteratmen können.

Also nicht Luftanhalten, so lang’s geht, sondern nur, so lang’s geht, ohne dass Sie nachher nach Luft ringen, kein Schwindeln, kein Ehrgeiz.

... 24, 25, 26 ... bleiben Sie entspannt.

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Fertig? Gut. Sie haben wahrscheinlich 20 Sekunden geschafft, plus/minus 5. Die schlechte Nachricht: Alles unter 20 ist, ich will Sie nicht beunruhigen, kein Hinweis auf einen besonders fulminanten Gesundheitszustand. Okay ist alles ab 30 Sekunden, wirklich gut alles ab 40.

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Die gute Nachricht: Ihr Ergebnis ist wahrscheinlich besser als meines. Ich habe nämlich 18 Sekunden geschafft. 18. Die Glaubwürdigkeit dieser Kolumne verwandelt sich mit dieser Zahl in einen asthmatischen Kettenraucher, der keuchend der Straßenbahn nachgerannt ist, Sie haben ihm mitleidig Ihren Sitzplatz überlassen, er erzählt Ihnen daraufhin bronchienrasselnd, blass und kalt schwitzend von seinen Plänen, 120 Jahre alt zu werden.

Es gibt keinen zweiten Körperparameter, bei dem ich nur ansatzweise so ablose, aber wenn das bei 18 Sekunden bleibt, kann ich mir die 120 Jahre aufzeichnen. Der Test, bei dem Sie soeben hoffentlich besser abgeschnitten haben als ich, heißt „Kontrollierte Pause“ und stammt aus einer Atemtechnik, die keine Atemtechnik ist, sondern eine Atemlebensweise.

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Wir verdanken sie dem russischen Arzt Konstantin Buteyko. Er entdeckte in den 1960ern einen Zusammenhang zwischen dem Atmen seiner Patienten und ihrem Gesundheitszustand: Je schlechter es ihnen ging, desto tiefer und desto mehr durch den Mund atmeten sie. Je gesünder sie waren, desto ruhiger und desto mehr atmeten sie durch die Nase. Buteyko verschlussfolgerte die Beobachtung in eine Therapie und hielt seine Patienten an, flacher und vor allem durch die Nase zu atmen. Der Zustand erstaunlich vieler Patienten besserte sich erstaunlich stark, Buteyko forschte weiter, heilte Leute von Asthma, forschte weiter und fand im Wesentlichen zwei Dinge heraus:

  1. Zu viel zu atmen schadet uns genauso sehr, wie es uns schadet, zu viel zu essen.
  2. Durch den Mund zu atmen schadet der Gesundheit.

Positiver formuliert: Wir können unsere Gesundheit enorm verbessern, indem wir 1. leicht (aber dennoch in den Bauch!) und 2. immer durch die Nase atmen.

Das klingt zunächst, als hätte jemand beim Forschen die Luft zu lange angehalten. Aber Buteykos Methode ist kein sauerstoffarmer Hokuspokus, sondern Wissenschaft. Kurz zusammengefasst: Wenn wir stark atmen, atmen wir viel CO2 ab. CO2 ist aber Voraussetzung dafür, dass der Sauerstoff, den wir ohnehin in ausreichender Menge im Blut haben, in die Zellen transportiert werden kann. Und dort brauchen wir ihn. Im Blut bringt er uns nichts.

Atmen Sie also ab sofort nur mehr durch die Nase. Auch beim Sport, ausgenommen Schwimmen. Im Buch, das ich Ihnen empfehle, gibt es auch jede Menge Übungen, um die Nase frei zu machen. Hier eine zusätzliche: Pressen Sie zugleich Ihre Zunge fest gegen den Gaumen und mit einem Finger auf die Mitte Ihrer Stirn. Das bewegt einen Knochen in Ihrem Gesicht, von dessen Existenz Sie bisher nichts wussten, das Pflugscharbein. Warum das funktioniert, weiß ich nicht, aber es funktioniert, ich hab’s probiert.

Das Buch ist „Erfolgsfaktor Sauerstoff“ von Patrick McKeown. Holprig, langweilig, mühsam, redundant, aber kämpfen Sie sich durch, machen Sie vor allem die Übungen, schreiben Sie mir von Ihren Erfahrungen.

Und danke noch mal für den Sitzplatz vorhin in der Straßenbahn!

STEFAN WAGNER ist Biohacker, Inhaber einer Werbeagentur, Tennisspieler und vom Gedanken beseelt, 120 Jahre alt zu werden. Mindestens. Hier findest du alle seine Kolumnen auf einen Blick.