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Vorsichtig tappe ich im Licht der Dämmerung über das flache Riff. Die Korallen sind scharf und kantig, ein gutes Zeichen für ein intaktes Ökosystem. Dort, wo die Klippen unter meinen Füßen steil zum Meeresgrund hin abfallen, lasse ich mein Surfboard zu Wasser. Mit einer sachten Bewegung stoße ich mich ab und paddle los.

Bild: Unsplash/Robert Bye

Zug um Zug gleite ich über die spiegelglatte Meeresoberfläche. Noch ist kein Wind zu spüren, der Morgendunst liegt wie ein Schleier über dem Wasser und verdeckt die Sicht auf die Wellen. Doch ich kann sie bereits hören, mit einem lauten Tosen entladen sie sich auf dem Riff der Bucht. Ich paddle weiter, das Wasser unter mir wird wilder – die Strömung des Channels erfasst mein Board und zieht mich hinaus aufs offene Meer.

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Voller Vorfreude auf das, was mich hinter der Nebelwand erwartet, erreiche ich endlich das Line-up. Und dann sehe ich sie.

Sie rollen, ruhig und gleichmäßig. Das Morgenrot spiegelt sich ihren Kämmen und taucht jedes Tal dahinter in ein dunkles Blau. Ich paddle zur Schulter des Points, klemm mein Board zwischen die Beine und beobachte gespannt ihre Bewegungen. So wie schon unzählige Male zuvor: Stunden, Tage, Wochen, Monate, vermutlich Jahre, habe ich damit zugebracht sie zu studieren.

Bild: Pexels/Sean Manning

Ich wollte alles über sie wissen. Wann sie brechen, wo sie sich aufbäumen und wieso sie einmal groß und beängstigend, ein anderes Mal dafür klein und ermutigend sein können. Um mehr zu erfahren bin ich ihnen nachgereist, einmal rund um den Globus und zurück. Und auf der Suche nach Antworten habe ich eines gelernt:

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Wellen wollen nicht verstanden werden. Und das Surfen auf ihnen noch viel weniger.

Vermutlich kann man sein gesamtes Leben in der Brandung des Meers verbringen und am Ende doch nichts wissen. Denn die perfekte Welle gibt es nicht, der Traum vom „endless summer“ ist eine Illusion und der braungebrannte Surf-Vagabund bloßes Klischee. Im Surfen und dem Spiel mit den Gezeiten steckt oft mehr Existenzialismus, als man glauben möchte. Im Grunde bleibt der Ozean ein unberechenbarer und für den Menschen unwirklicher Ort. Doch gerade in dieser Unklarheit liegt vielleicht die Erklärung:

Surfen bedeutet loslassen und sich auf das Ungewisse einlassen.

Ich paddle wieder zum Peak. Ein neues Set an Wellen rollt am Horizont heran. Die erste Welle lasse ich vorbeiziehen, die zweite ebenfalls, für die dritte und größte Welle entscheide ich mich. Ein paar Armschläge reichen aus und ich gleite im Sog der Welle. Ich verspüre ihren Schub, bäume meinen Körper auf, drücke mich vom Brett ab und springe auf: Zu meiner Rechten eine glitzernde Wand aus Wasser, ich setze den ersten Turn und kann unter mir das Riff im türkisen Wasser erkennen.

Bild: Pexels/Emiliano Arano

Ich dreh mein Board hinab zum Wellental und nehme Geschwindigkeit auf. Ein schneller Blick nach oben, der Wellenkamm formt sich zu einem überhängenden Tunnel. Ich rase die Wand entlang, mache mich so klein wie möglich, vor mir das offene Ende des Tunnels. Für einen kurzen Moment bin ich davon überzeugt es zu schaffen, im nächsten habe ich das Gefühl von einem D-Zug gerammt und von einer überdimensionalen Waschmaschine verschluckt zu werden.

Mein Körper wird in alle Richtungen geschleudert, oben und unten fühlen sich gleich an.

Dann lässt mich die Welle los und ich tauche auf. Ich schnappe mein Board, paddle wieder hinaus und probiere es erneut. Der Rest ist Geschichte, wobei dir jeder Surfer seine eigene Version erzählen wird. Und jede davon hat ihren eigenen Reiz, sowie eben jede Welle ihre eigene Bahn, individuelle Kraft und singuläre Erscheinung hat. Doch vielleicht probierst du es ja einmal selbst aus? Stößt dich selbst ins sprichwörtlich kalte Wasser und tauchst für einen kurzen Moment ab? Dann wirst du die Magie spüren und kannst bald deine eigene Geschichte vom Surfen erzählen.