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Im letzten Beitrag haben wir uns mit dem Trinkwasser und dem Wassertrinken beschäftigt. Heute gehen wir einen Schritt weiter:
Wir trinken das Wasserglas, das vor uns auf dem Tisch steht, nicht aus. Wir versuchen, es in ein Gespräch zu verwickeln, wie Masaru Emoto es machte.

Die heutige Geschichte handelt von drei Personen: dem Japaner Masaru Emoto, dem Vorarlberger Rasmus Gaupp-Berghausen und meiner Tochter Lina.

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Emoto, er starb 71-jährig im Jahr 2014, war eine Mischung aus Guru, Autor, Parawissenschaftler, Philosoph und Künstler, also die personifizierte Provokation für jeden gestandenen Wissenschaftler. Bekannt wurde Emoto dadurch, dass er Wasser Eigenschaften zusprach, die man Wasser im Allgemeinen nicht zuspricht, unter anderem, dass es auf menschliche Emotionen reagiert und dass es, wenn es ihm gut geht, schönere, elegantere, symmetrischere Eiskristalle bildet, als wenn es ihm nicht gut geht. Er fotografierte diese Kristalle unter dem Mikroskop,

die Bilder sind tatsächlich völlig unterschiedlich, manche von ihnen – erstaunlich oft jene aus heiligen oder heilkräftigen Quellen – verzaubernd schön.

Gaupp-Berghausen, Jahrgang 1974, ist Vorarlberger und Wissenschaftler. Er studierte Ökologie und Agrarwissenschaft und untersuchte in einem Isotopenlabor radioaktiv markierte Moleküle, genauer kann ein Naturwissenschaftler die Welt nicht anschauen. Aus dem naturgemäßen Emoto-Skeptiker wurde Emotos engster Vertrauter. Die Isotope hat Gaupp-Berghausen mittlerweile hinter sich gelassen, er konzentriert sich auf die Erforschung der schwerer greifbaren Eigenschaften des Wassers und der Variabilität des menschlichen Herzschlags.

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Lina ist acht, geht in die dritte Klasse, mag Zeichnen, Reiten, Querflötespielen, Pu den Bären und ihre beiden Babykatzen und hat Angst vor Schlangen und Spinnen.

Masaru Emoto und Rasmus Gaupp-Berhausen: Die Geschichte beginnt Anfang der 2000er.

Gaupp-Berghausen lud Emoto nach Österreich zu einer Diskussion ein, eigentlich mit dem Hintergedanken, den kauzigen Scharlatan zu entlarven, aber Natur- und Parawissenschaft fanden einander sympathisch, es folgte eine Gegeneinladung nach Japan. Gaupp-Berghausen fühlte sich in Emotos Tokioter Labor zunächst wie im Zirkus („... die wussten nicht mal, was eine Standardabweichung ist!“), arbeitete dann aber immer intensiver mit Emoto zusammen, war jahrelang sein engster Vertrauter und gilt heute noch als der weltweit kompetenteste Kenner der Arbeit des Japaners.

Dass sich Gaupp-Berghausen heute nicht nur mit den Gesetzmäßigkeiten des Wassers, sondern auch mit den Unregelmäßigkeiten des Herzens auseinandersetzt, hat ursächlicher miteinander zu tun, als man im ersten Moment vermuten möchte. Es geht nämlich da wie dort darum, dass die Natur noch viel fantastischer funktioniert, als wir ihr das zutrauen, dass unser Organismus noch viel feinsinniger und klüger ist, als wir glauben, und dass wir noch verwobener mit allem um uns sind, als wir denken.

Apropos denken, Gaupp-Berghausens Arbeit, egal auf welchem Feld, bestätigt vor allem eines immer wieder: Unser Kopf steht uns im Weg, sobald er glaubt, er müsse sich als Herr unseres Lebens aufspielen. Unser Kopf ist nicht so mächtig, wie er denkt, dass er ist, und unser Herz ist viel mächtiger, als es glaubt, dass es ist.

Aber wir wollen ja mit dem Glas Wasser vor uns Kontakt aufnehmen. Emoto meinte, dass das geht, und Gaupp-Berghausen meint das auch. Also wollen wir jetzt herausfinden, ob das wirklich geht und, wenn ja, wie. Mit diesem Satz, sagt Gaupp-Berghausen, ist unsere Kommunikation mit dem Wasser bereits zu Ende.

Das hat, erklärt er, mit Intention und Attention zu tun, mit Absicht und Aufmerksamkeit. Wer sich Wasser mit einer Absicht nähert, erreicht es nicht. Wasser öffnet sich der Aufmerksamkeit, wenn du dich ihm absichtslos und aufrichtig näherst, wenn du fühlst, wenn du dich darauf einlässt, nicht wenn du denkst. Sehr vereinfacht gesagt geht es beim Sprechen mit dem Wasser immer um den Austausch jener Schwingungen, aus denen unser gesamtes Universum besteht. Denn es schwingt nicht nur, was wir als schwingend erkennen, also nicht nur die Welle in der Badewanne, die Ozeanbrandung, der Mobilfunk, die Gitarrensaite.

Es schwingt alles, auch der Sessel, auf dem du gerade sitzt, das Bügeleisen, das du vorhin vergessen hast abzudrehen. Alles schwingt, alles in seiner eigenen Frequenz, du natürlich auch, und jede deiner Emotionen sendet eine andere Frequenz raus in die Welt. Dass alles im Universum schwingt, ist Konsens, auch der härtestgesottene Naturwissenschaftler wird da zustimmen. Worin sich aber längst nicht alle einig sind, das ist die Frage, ob Wassertropfen, Bügeleisen und unsere Emotionen ihre Frequenzen miteinander austauschen. Ob sie also miteinander kommunizieren.

Gaupp-Berghausen ist davon überzeugt, dass das so ist. Er sieht die Welt als ein andauerndes energetisches Verwobensein, und er sieht das Wasser und sein Verhalten als den einfachsten Schlüssel, das zu verstehen.

Komplett gaga kann dieser Ansatz nicht sein.

Schwingung von zwei Stimmgabeln
Illustration Stimmgabeln

Bild: Stephanie Wunderlich

Das sieht man, sobald man zwei Stimmgabeln zur Hand nimmt, sie ein paar Zentimeter auseinander hält und die erste anschlägt: Sofort beginnt auch die zweite zu klingen, sie groovt sich ins Vibrato der ersten ein. Ziemlich genau so, wie die eine Stimmgabel der zweiten offenbar sagt, dass sie jetzt mit 440 Hertz schwingen und also gefälligst im eingestrichenen A klingen soll, funktioniert das Zusammenspiel der Welt. Das Bügeleisen schwingt mit dem Ozean, das WLAN mit der Badewanne.

Sagte Masaru Emoto, sagt Gaupp-Berghausen. Hm. Ich sage: „Wenn ich mit dem Glas Wasser, das ich mir gerade eingeschenkt habe und das jetzt vor mir steht, wirklich kommunizieren kann, wenn das Wasser spürt, mit welchen Gedanken und Gefühlen ich ihm begegne, und wenn das was mit dem Wasser macht, dann verändert das meine Welt. Denn dann gilt das ja nicht nur für das Wasserglas vor mir, sondern auch für die 99 Prozent Wassermoleküle von jedem Menschen, dem ich begegne.“

Dann mache ich, denke ich, den Menschen vor mir glücklicher und gesünder, wenn ich ihm freundlich begegne, dann schadet ihm meine schlechte Laune, dann sind mein Zorn und meine Liebe und mein Hass, meine Angst, meine Neugier und meine Gleichgültigkeit Stimmgabeln, und 99 Prozent von ihm sind auch Stimmgabeln, und man mag gar nicht drüber nachdenken, was das umgekehrt für mich bedeutet, wenn ich den ganzen Tag im Büro mit grantigen Leuten zu tun habe.

„Ja, ziemlich genau so ist das“, sagt Gaupp-Berghausen.

Es gibt dieses berühmte Experiment von Masaru Emoto.

Er füllte mehrere Gläser mit gekochtem Reis und behandelte sie unterschiedlich. Er beschallte das eine mit Mozart und das andere mit Death Metal, klebte Zettel mit dem Wort „Liebe“ auf das eine Glas und mit „Hass“ auf das andere oder beschimpfte das eine Glas und umgarnte das andere mit Liebeserklärungen.

Die Gläser reagierten in Emotos Versuchen unterschiedlich, im Wesentlichen führte „Liebe“ nach ein paar Wochen zu einer Art Fermentation, einem süßlich-säuerlichen Geruch, „Hass“ zu einer reduktiven Reaktion, zu Fäulnis und Gestank.

YouTube ist voll mit Videos von Leuten, die Emotos Experiment probiert haben. Ungefähr die Hälfte bejubelt, dass es funktioniert, die andere, dass es nicht funktioniert hat, man fühlt sich von Emoto offenbar bestätigt, unabhängig davon, welcher generellen Weltsicht man halt anhängt.

Wieso funktioniert es bei manchen und bei anderen nicht? Bilden sich die, bei denen es funktioniert, nur ein, dass es funktioniert? Und ist ein Experiment überhaupt ernst zu nehmen, wenn es nicht zuverlässig reproduzierbar ist?

Rasmus Gaupp-Berghausen sagt, dass die Absicht entscheidet. Wer mit dem Wasser kommuniziert, um damit einen Effekt zu erzielen, um etwas zu bestätigen oder zu widerlegen, wird nichts erreichen. Wissenschaftlern und Kopfgesteuerten, sagt er, gelingt das Reisexperiment so gut wie nie, Künstlern und Kindern fast immer. In Emotos Reisexperiment ist der Untersuchungsgegenstand die Konstante, der Untersuchende die Variable.

„Aber probier es zu Hause doch einfach aus“, sagte Rasmus Gaupp-Berghausen zum Abschied noch, „oder noch besser: Lass es deine Tochter probieren. Lass sie drei Gläser machen. Eines mit Liebe, eines mit Hass, das dritte ignoriert sie. Wenn’s klappt, wird der ignorierte Reis das erstaunlichste Ergebnis bringen.“

Jetzt kommt Lina dran.

Masaru Emoto Reisexperiment
Illustration eines schimpfenden Mädchens über einem Glas

Bild: Stephanie Wunderlich

Wir kochten Reis, ließen ihn abkühlen und füllten jeweils ein bisschen davon in drei Gläser. Den einen sollte Lina jeden Tag umschmeicheln und so etwas sagen wie: „Du bist ein ganz ein besonderer Reis. Ich hab dich sehr lieb.“

Zum zweiten sollte sie so grob sein wie möglich, in der Art von: „Du bist ein Scheißreis. Ich hasse dich.“ (Auch Schlimmeres war gestattet, aber vielleicht liest ja hier das Jugendamt mit.)

Den dritten Reis sollte sie ignorieren.

Lina, damals sieben und am Ende ihres ersten Schuljahrs, malte mit ihren schönsten Buchstaben „Liebereiss“, „Scheisreiss“ und „Eknorierreis“ auf drei Post-its, schmückte die gelben Zettelchen jeweils passend: das erste mit einem Pferd und einem Pu-Bären und ein paar Herzchen, das zweite mit einem Gespenst und einer Spinne und etwas, das nach duftender, eingeringelter Schlange aussah, und auf den dritten Zettel zeichnete sie nichts. Wie man halt einen Reis fachgerecht eknoriert.

Wir stellten die drei Reisgläser an einen neutralen Ort, kühl und schattig, aber doch weit genug voneinander entfernt, dass sich kein Reis irrtümlich angesprochen fühlen konnte. Fortan lobte, beschimpfte und missachtete meine Kleine die Gläser mit all der Inbrunst, zu der eine Siebenjährige in der Lage ist.

Das machte sie so ziemlich jeden Tag, manchmal sogar morgens und abends. Wenn sie den Reis mit ihrem wärmsten und seidigsten Stimmchen lobte, schmolz ich vor der verschlossenen Tür dahin, und wenn ich sie den Reis zischend und fauchend verschimpfen hörte, bekam ich es mit der Angst zu tun. Sie machte das großartig. Das Experiment verlief nach Plan. Ich war sehr beeindruckt. Nicht beeindruckt waren: die Reise.

So ging das für sechs Wochen.

Längst hätten die Gläser Reaktionen zeigen müssen. Im Internet berichten Emoto-Gläubige davon, dass sie die Gläser schon nach einer Woche entsorgen mussten, weil sie so bestialisch stanken.

Lina umschmeichelte, verfluchte und ignorierte weiterhin tapfer. Der Reis blieb stoisch. Da und dort vielleicht Andeutungen von Verfärbungen, aber nicht vergleichbar mit den Bildern aus dem Internet, wo binnen weniger Tage prachtvolle Schimmelkulturen herbeigeschimpft worden waren.

Wir brachen das Masaru Emoto-Experiment ab. Ich brachte die Gläser zum Komposthaufen. Ich öffnete das erste, um den Reis wegzuschütten, und mir blieb die Luft weg. Es war unglaublich, welcher Geruch mir da entgegenschoss, wie überreifer Käse, extrem intensiv, aber dabei nicht unangenehm, wie fermentierter, stark gereifter Käse. Ich sah auf das Etikett. „Liebereiss“ stand da.

Ich öffnete das zweite Glas, „Scheisreiss“, auch käsig, aber deutlich anders, verrottet, schimmliger, ekelhaft. Dann das dritte Glas, „Eknorierreis“, da war nichts von altem Käse, sondern ein scharfer, stechender, schneidender Ton, wie Fusel, Lösungsmittel, Ethanol.

Ich stand da beim Komposthaufen, drei Gurkengläser mit Reis vor mir, ich roch wieder und wieder dran, die Ergebnisse waren zu eindeutig, um ein Zufall zu sein. Ich schüttete dann den Reis auf den Komposthaufen und ging in die Küche, zuerst einmal ganz in Ruhe die Gläser auswaschen.

Und jetzt du! Wir sind neugierig. Hast du das Reis-Experiment von Masaru Emoto schon einmal ausprobiert? Oder hast du Lust, es zu probieren? Mach es wie Lina: Fülle drei Gläser mit „Liebereiss“, „Scheisreiss“ und „Eknorierreis“ (gerne auch in deinen eigenen Worten) – und erzähl uns, was passiert.

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