In Partnerschaft mit

Macht Testosteron Männer wirklich männlich, stark und promiskuitiv? Eine, die mit diesem Mythos aufräumt, ist die australische Neurowissenschaftlerin Cordelia Fine. Sie schreibt in ihrem Buch „Testosterone Rex“ über ein grundlegendes Missverständnis: „Wenn wir an Testosteron denken, stellen wir uns eben nicht nur die tiefe Stimme und haarige Brust vor. Meistens verbinden wir damit auch andere, vermeintlich männliche Charakteristika wie Führungskraft, Gewalt und Libido.“

Simon Baron-Cohen, ein männlicher Kollege Fines, nannte das Hormon etwa „die gewisse Substanz“ und implizierte einen evolutionären Vorteil für all jene, die es besaßen. Doch Fine bestätigt wie viele andere: „Die Ungleichheit der Geschlechter und gewisse Vorteile für Männer sind nicht natürlich, sondern kulturell gegeben.“

Die Ungleichheit der Geschlechter und gewisse Vorteile für Männer sind nicht natürlich, sondern kulturell gegeben.

Cordelia Fine, Neurowissenschaftlerin
Anzeige
Anzeige

Auch Frauen produzieren das männlichen Sexualhormon, wenn auch etwa nur ein Zehntel der Menge ihrer männlichen Geschlechtsgenossen. Es ist essentiell, um das weibliche Sexualhormon Östradiol herzustellen, das wiederum auch bei Männern vorkommt. Männliche Sexualhormone (Androgenen) erfüllen im weiblichen Körper wichtige Funktionen: Sie beeinflussen die Arbeit der Eierstöcke, die Knochenstärke, -dichte und -reife, regulieren die Lust auf Sex und geben Antrieb und Energie.

Powerhormon: Was Testosteron im Körper bewirkt

Dass Testosteron ein wichtig für beide Geschlechter ist, zeigt auch eine Studie im British Journal of Sports Medicine. Denn dabei wurde festgestellt, dass ein Anstieg des Testosteronlevels die Leistung junger, aktiver Frauen erhöht und sie dadurch länger laufen können.

Die - mittlerweile längst überholte - Idee, dass Testosteron Männer zum "stärkeren Geschlecht" machen würde, hat ihren Ursprung in den 1940er Jahren. Damals führte der Forpflanzungsbiologe Angus Bateman Experimente an Fruchtfliegen durch. Seine Theorie: Eizellen herzustellen wäre energetisch aufwendiger, als Spermien zu produzieren. Einen Fortpflanzungserfolg hätten demnach die Weibchen, die ihre Partner sorgfältig auswählen. Und Männchen, die promiskuitiv und kompetitiv gegenüber ihren gleichgeschlechtlichen Kollegen wären. Dieses Experimentdesign stellt sich in späteren Studien als falsch heraus.

Anzeige
Anzeige
Mann und Frau beim Klettern

Bild: Mike Kotsch/Unsplash

Laut neuesten Erkenntnissen produzieren Männchen und Weibchen mehr Nachfahren, wenn sie mehrere Geschlechtspartner haben. Ein „typisch männliches“ Verhalten im Sinne einer promiskuitiven Lebensweise ist also genauso wenig dem Testosteron geschuldet wie die Annahme, dass das Hormon Männer zu den Gewinnern der Evolution macht und Frauen den Kürzeren gezogen haben.

Testosteronmangel bei Frauen

Vor allem rund um die Wechseljahre kann die Testosteronproduktion im Körper nachlassen. Mangelsymptome treten bei beiden Geschlechtern auf, zu den häufigsten gehören:

  • nachlassende Libido

  • Müdigkeit

  • Depressionen

  • vermehrte Fetteinlagerugen

  • Muskelabbau

  • Hitzewallungen

Doch bereits mit einigen Anpassungen des Lebenswandels kann Mangelerscheinungen wie diesen entgegengewirkt werden. Wie so oft gilt auch hier: eine moderate, gesunde Lebensführung zahlt sich aus. Folgende Faktoren nachweislich eine positive Wirkung auf die Testosteronproduktion:

  • Ausgewogene Ernährung: Vollkornprodukte, Gemüse, gesunde Fette: eine gesunde Ernährung kurbelt die Testosteronproduktion an.

  • Sport: Regelmäßige Bewegung hat viele positive Effekte. Vor allem der Hormonhaushalt profitiert enorm.

Hormonersatztherapie bei Testosteronmangel

Sollten diese Maßnahmen keine Wirkung zeigen und der Testosteronmangel bleibt trotz eines gesunden Lebenswandels bestehen, kann eine Hormonersatztherapie in Betracht gezogen werden. Aktuell kommt eine solche Substitution aktuell vor allem bei Frauen jenseits der Wechseljahren zum Einsatz, wenn es darum geht das sexuelle Wohlbefinden zu stärken. Allerdings: Die Präparate sind bisher vor allem am männlichen Körper erprobt, ersten Studien zu Wirkungen und Nebenwirkungen bei Frauen zufolge, wurden keine schwerwiegenden Auswirkungen beobachtet. Allerdings wurde zumindest von leichten Fälle von Akne und Haarverlust berichtet und die Datenlage ist noch vergleichsweise dünn.