In Partnerschaft mit

Mein Körper ist der fleischgewordene Trugschluss. Anatomisch nämlich gebaut wie ein Weberknecht (ich habe elendslange Beine und Arme), verbirgt sich in mir die personifizierte Trägheit. Ehrlich: Ich habe null Körperspannung. Null Ausdauer. Und null Biss, mich selbst an die Grenzen meiner Fitness zu bringen. Und trotzdem tu ich es manchmal. Heute bei meinem ersten Mal Crossfit.

Moderater Beginn

In der Umkleide zieht sich ein Mädchen – Typ Ameise – vor mir ihre hautenge Funktionskleidung über. Sie hat kein Gramm Fett um ihre definierten Muskeln. „Das Training hier ist echt hart“, macht sie mir unmissverständlich klar. „Du wirst morgen starke Schmerzen haben.“ Ich lache unsicher. Und spüre, dass sie jedes Wort todernst meint. Ich folge ihr – mit einem Handtuch unter dem Arm – in die kleine Trainingshalle. Die anderen sind auftrainiert und topmotiviert. Ich überlege, an dieser Stelle abzubrechen.

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Dann kommt die Trainerin. Keck, die Augen mit Mascara zubetoniert und mit einem Körperfettanteil, wie ich ihn zuletzt in der zweiten Klasse Volksschule hatte. Sie sagt, wir sollen unsere Schultern kreisen. Ich lächle entspannt. Das kann ich! Als Nächstes müssen wir uns in Dreiergrüppchen Bälle zuwerfen. Klingt lustig. Ist es aber nicht! Bei jedem Wurf muss man in die Knie. So weit, dass der Hintern fast den Boden berührt. Der Ball hat zehn Kilo. Ich sterbe!

Folter mit Planks, Burpees und Squats

„So – dann fangen wir an!“, klatscht die Trainerin in die Hände. Was?! Sie baut Stationen aus Matten, Ringen und Hanteln auf. „Ich zeige euch jetzt, welche Übungen ihr wo macht. Nach zwei Minuten habt ihr zehn Sekunden zum Wechseln.“ Sie nennt die Übungen Planks, Burpees oder Squats. Für mich heißen sie alle gleich: Folter!

Dann startet der erste Countdown und mit ihm harte, dröhnende Musik. Ich fühle mich zu lang. Zu untrainiert. Zu weich. Wie Pudding versuchen meine Oberarme den schweren Körper hoch- und niederzudrücken. „Den Bauch mehr anspannen. Die Schultern weiter zurück“, drillt mich die Trainerin. Ich hasse sie. Und mich, weil ich mir das hier antue. Ich höre, wie die Ameise von vorhin Urlaute von sich gibt, während sie kontrolliert von der Hocke in die Streckung springt. „Und weiter“, schreit die Trainerin zum Wechsel-Alarm. Ich lecke mir über die salzigen Lippen. Mein schweißnasses T-Shirt klebt an mir wie tote Obstmücken an einem Streifen Tixo.

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„Weiter! Vier Runden hamma noch!!!“ Ich breche innerlich zusammen. Das überlebe ich nicht.

Geschafft – und bis zum nächsten Mal!

Fünf Runden lang quäle ich mich durch die Horror-Stationen. Die 40 längsten Minuten meines gesamten Lebens! „So, geschafft!“, höre ich schließlich von ganz weit weg. Mein Herz rast. Ich sehe Funken, wo keine sind. Mein Mund fühlt sich sandig an, die Haare picken strähnig auf der nassen Stirn. Der Rest des Gesichtes ist paniert mit Staubfusseln vom Bodenhandtuch. Ich lasse mich rücklings auf eine Matte fallen und versuche zu atmen. Dann erscheint der Kopf der Ameise über mir. Ich versuche ein Lächeln, schaffe aber nur ein schlaganfallähnliches Zucken.

Ehrlich: Als Weberknecht ist man hierfür nicht geschaffen! „Das war doch gut“, strahlt sie mich an. „Wir sehen uns dann beim nächsten Mal?“

Ich nicke aus letzter Kraft. Idealistisch. Und komplett unzurechnungsfähig.