In Partnerschaft mit

Frau Kamleitner, seit 2015 wohnen Sie in Österreich im Salzburger Land in einem Tiny House auf nur 30 Quadratmetern. Was haben Sie in der Zeit über sich gelernt?
Simone Kamleitner: „Mich hat das Mikrohaus dabei begleitet, bei mir selbst anzukommen. Ich habe zu mir gefunden. Vor dem Umzug musste ich sehr viel reduzieren, um herauszufinden: ‚Was brauche ich wirklich?‘. Nicht nur an materiellen Dingen, auch von vielen Freunden habe ich mich verabschiedet. Inzwischen wohne ich nur noch temporär in meinem Tiny House. Ich baue derzeit für meinen Partner und mich eine Mikrohaus-Villa auf 100 Quadratmetern.“

Wie sind Sie mit so wenig Fläche ausgekommen?
„Ich habe vor dem Umzug ins Tiny House natürlich richtig ausgemistet. Seitdem gibt ein Farbkonzept in meinem Kleiderkasten – und ich weiß genau: Alles, was darin ist, brauche ich wirklich. Früher habe ich oft Gewand gekauft, einfach weil es mir gefallen hat. Heute kommen in meinen Kasten nur Dinge, die zu meinem Farbkonzept passen: Cognac, Lindgrün und Beige. Diese Farben kombiniere ich mit Weiß, Schwarz und Jeans.“

Simone Kamleitner baut für sich und ihren Partner eine Villa als Tiny House in Österreich
Simone Kamleitner

Bild: Simone Kamleitner

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Tiny House Österreich: Wieso ins Mikrohaus alles hineinpasst

Was braucht es denn im Tiny House –  und was nicht?
„Für mein Gefühl muss ich auf nichts verzichten, ins Mikrohaus passt auch ein Geschirrspüler, eine Kaffeemaschine, eine Waschmaschine. Es braucht ein gutes Raum- und Einrichtungskonzept, dann hat man alles, was man sich wünscht.“

Wohnen auf engstem Raum: Was mögen Sie daran?
„Einerseits die Übersichtlichkeit, ich mag gern kuschelige, kleine Rückzugsorte. Und das, obwohl ich groß bin. Andererseits macht wenig Platz im Haus auch weniger Arbeit. Das schätze ich ebenfalls.“

Kann jeder loslassen so wie Sie?
„Das ist, denke ich, ein Prozess. Ich persönlich wollte dahin, denn mich hat es belastet, dass ich drei Meter Kleiderschrank besaß – und trotzdem immer das Gefühl hatte, nichts zum Anziehen zu finden. So hat es angefangen. Irgendwann haben mich Dinge allgemein belastet und ich beschloss, in einen Wohnwagen zu ziehen, mit möglichst wenig Ballast. Dann kam der Zufall ins Spiel: Ich stieß auf eine Anzeige für ein Mikrohaus. Ohne groß nachzudenken habe ich zugeschlagen – und mich dann erst auf die Suche nach einem Grundstück gemacht.“

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Arbeitsbereich im Tiny House in Österreich
Arbeitsplatz

Simone Kamleitner

Das klingt mutig. Haben Sie denn Lehrgeld zahlen müssen?
„Ja. Mein Tiny House war aus Slowenien, jemand wollte es nach Österreich importieren, musste es jedoch notverkaufen. Ich habe es aufs Geradewohl gekauft und erst einmal auf einem Abstellplatz zwischengelagert. Nachdem ich das Grundstück gefunden hatte, gingen die Probleme los – Dach, Wände, ständig musste ich bei meinem Mikrohaus renovieren und nochmals Geld hineinstecken. Nach diesen Erfahrungen beschloss ich, selbst Mikrohäuser in Österreich auf den Markt zu bringen. Aber mit heimischer Qualität! Eigentlich bin ich Grafik- und Raumdesignerin und biete Einrichtungsberatung an. In den vergangenen Jahren habe mir für die Mikrohäuser ein Kooperations-Netzwerk aufgebaut und mittlerweile zehn Tiny Houses in Österreich verkauft.“

Jetzt kommt der nächste Schritt: ein ganzes Mikrohaus-Dorf!
„Von Anfang an hatte ich die Idee, mit den Mikrohäusern Themendörfer schaffen zu wollen. Ende Dezember 2021 startet nun der Verkauf für ein Mikrodorf in Schneegattern in Oberösterreich, das als Generationendorf ausgelegt ist. Zwölf Häuser mit Wohnflächen zwischen 30 und 90 Quadratmetern auf einem Grundstück, das wir für 88 Jahre pachten können. Ich mache das Projekt aus Überzeugung und aus Leidenschaft – und möchte Menschen inspirieren.“

Badezimmer im Tiny House Österreich
Badezimmer

Simone Kamleitner

Inspirieren zu „Weniger ist mehr“?
„Tatsache ist: Wir leben alle im Überfluss, und zwar in allen Bereichen, egal ob Informationen, Gedanken, Materielles, Freundschaften … Der Überfluss ist so offensichtlich, dass wir uns fragen sollten: Wohin geht es weiter, wenn die Decke erreicht ist? Meine Meinung ist: Weniger kann schön und lebenswert sein! Und das heißt nicht, dass wir nicht dorthin zurückmüssen, wo wir vor x-Millionen Jahren waren.“

Hier gibt es alle Informationen zum Mikrohaus-Dorf: https://www.meandme-mikrohaus.at/das-mikrohausdorf