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Wenn Sie meine vergangene Kolumne verpasst haben, ist das nicht schlimm. Da ging es nur ums Schlank-, Fit- und Gesundsein mit ein paar Minuten Aufwand pro Woche. Diesmal geht es um Leben und Tod.

Sie befinden sich in Lebensgefahr. Jetzt. Nicht so unmittelbar, dass Sie Angst haben müssen, das Ende dieser Kolumne zu verpassen. Aber wahrscheinlich sitzen Sie gerade. Und wahrscheinlich sitzen Sie schon ein, zwei Stunden so da. Und wahrscheinlich sitzen Sie überhaupt jeden Tag, im Auto, auf der Couch, vor dem Schreibtisch. (Im Durchschnitt sitzen Sie 7,5 Stunden pro Tag. Wenn Sie jung sind, sind es 9 Stunden, das hat mit dem Schulsitzwahnsinn zu tun und mit dem Videospielwahnsinn und dem Nicht-mehr-rausgehen-Wahnsinn, mit dem wir unsere Kinder aufziehen.)

Stehen Sie jetzt auf. Ja, Sie. Ja, jetzt.

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Lesen Sie im Stehen weiter. Beine ausstrecken, Becken aufrichten, untere Wirbelsäule bleistiftgerade ausgerichtet. Was jetzt zieht, sind Ihre Hüftbeuger. Die verziehen und verschrauben, weil vom Dauersitzen verkürzt, Ihren gesamten Körper. Behandeln Sie jedes Sitzen über 25 Mi- nuten ab sofort als Laster. Tun Sie’s gar nicht wegen der Schmerzen in Rücken, Nacken und Schultern, tun Sie’s wegen dem, was Sie nicht spüren: dem Verblöden und dem Sterben. Ab 25 Minuten Sitzen sinkt Ihr IQ, Sie sind leichter gestresst und schwerer konzentriert, Ihr Gewicht steigt ebenso wie Ihre Chancen auf Krebs, Schlaganfall und Diabetes. Jede Stunde Rumknotzen vorm Fernseher kostet 22 Minuten Lebenserwartung. Das ist das Doppelte einer Zigarette. Sitzen ist nicht das neue Rauchen, Rauchen ist das alte Sitzen.

Das hat alles damit zu tun, dass Sie einfach nicht fürs Sitzen gebaut sind. Nach ungefähr 25 Minuten Sitzen schaltet Ihr Körper in den Passivmodus. Er übt sterben. Denn Ihr Körper, ein Genie der Ressourcenschonung, regelt nicht benötigte Vitalfunktionen runter, beim Sitzen vor allem die Blutversorgung von weniger benötigten Körperteilen wie Beinen, Füßen und Gehirn. Ja, Gehirn. Die Evolution wäre nie auf die Idee gekommen, Sitzen mit Nachdenken zu kombinieren: Ein schlauer Jäger, ein kluger Sammler und ein listiger Fischer überlebten, ein vergrübelter Herumsitzer behielt seine Gene für sich.

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Was Sie genau jetzt für Ihren Körper tun können, für Ihren IQ, Ihre Gesundheit und ein paar zusätzliche Lebensjahre? Stehen Sie auf.

Natürlich sitze ich auch zu viel. Aber was tu ich, um mir möglichst wenige der geplanten 120 Jahre wegzusitzen?

1. Ich zähle meine täglichen Schritte, das schafft sogar meine alte Polar-Uhr. Nie Lift, nie Rolltreppe. Bin ich abends unter 10.000 Schritten, gehe ich eine Runde spazieren.

2. Ich unterbreche das Sitzen. Beim Hinsetzen stelle ich mir einen 25-Minutentimer. Wenn’s bimmelt, drei Minuten herumgehen, ein paar Kniebeugen, Arme und Beine strecken. Reicht als Stoffwechsel-Defibrillator. An meinen entschlosseneren Tagen lass ich das Handy auch während Meetings bimmeln. Mir ist lieber, die Leute halten mich für deppert, als ich werde es.

3. Ich spaziere. Täglich eine halbe Stunde, besser eine Stunde. An keine andere Bewegung hat uns die Evolution so genial angepasst wie ans Spazierengehen. Der Mensch ist kein Homo sapiens oder Homo ludens, sondern ein Homo ambulans: Wir sind eine Spazierspezies.

4. Ich arbeite stehend. Fürs Zwischendurch-Aufstehen reicht ein Notebook-Ständer, da sind Sie um 40 Euro dabei, oder auch ein paar Bücher als Unterlage. Im Stehen zu arbeiten verbrennt 100 Kalorien pro Stunde mehr als im Sitzen, außerdem sind Sie produktiver und stressresilienter.

5. Ich arbeite gehend. Den ganzen Tag zu stehen ist zwar weniger schlecht, als den ganzen Tag zu sitzen, aber weniger schlecht ist nicht gut. Gut ist ein Gehschreibtisch: ein Laufband unter den Stehschreibtisch legen (oder ein Brett auf dem Laufband montieren), auf 1,6 km/h bis 3,2 km/h einstellen und losspazieren. Kostet in der Eingewöhnungszeit ein paar Prozent Produktivität, aber nach ein paar Wochen sind Waden und Birne strammer.

Wenn Ihnen zusätzliche Lebensjahre als Motivation nicht reichen: Drei Stunden Gehen statt Sitzen pro Arbeitstag summieren sich im Jahr auf ungefähr 50.000 verbrannte Kalorien. Das sind etwas mehr als sieben Kilo reines Körperfett.

STEFAN WAGNER ist Biohacker, Inhaber einer Werbeagentur, Tennisspieler und vom Gedanken beseelt, 120 Jahre alt zu werden. Mindestens. Hier findest du alle seine Kolumnen auf einen Blick.