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Warum ist der Himmel blau? Haben Elefanten eine Seele? Sind Wolken aus Zucker? Mit Fragen erobern Kinder die Welt, die jeden Tag wie ein Wunder auf sie wirkt, sie staunen lässt und neugierig macht. Neugierig auf das Leben und alles, was dahintersteckt. Ein Lernen und Entdecken, das im Laufe des Lebens scheinbar verloren geht. Außer man liebt die Philosophie und beschäftigt sich mit großen, existenziellen Fragen wie: „Was ist Liebe?“, „Woher komme ich?“, „Wohin gehe ich?“.

Irgendwann beginnt sich die Qualität und Art und Weise der Fragen zu ändern. Vom „Warum“ zum „Wie“, zum Funktionalen und Logischen. Und oft wird nur mehr aus Gewohnheit, also automatisch, gefragt, weil es „halt so gehört“: „Wie geht’s?“, oder „Alles gut?“. Die (wahren) Antworten darauf interessieren kaum.

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Von Fragen, die einem das Leben stellt, gibt es eigentlich Hunderte, passend zu jeder Lebenssituation, passend zu jedem Tag. Eine schöne Idee ist es, sich ein Buch anzulegen, mit Fragen an dich selbst. Damit werden wir zu Beobachtern der eigenen Gefühle, Motivationen und Handlungen – wir hinterfragen und tauchen in uns ein. Mit den richtigen Fragen gelangen wir zur Quelle unserer inneren Kraft, sie sind der Schlüssel zum „Ich“.

Diese zehn Fragen (Beispiele) können dir als Anregung und Beginn für ein Gespräch mit dir selbst dienen:

  • Was war das größte Abenteuer meines Lebens?
  • Was macht einen Tag zu einem guten Tag?
  • Welchen Moment deines Lebens möchtest du am liebsten einrahmen, weil er so schön war?
  • Welche Spuren hast du bisher hinterlassen?
  • Wo fühlst du dich zu Hause und geborgen?
  • Was bringt dich zum Lachen?
  • Was ist dein schönster Tagtraum?
  • Welche Kritik in deinem Leben hat dich so richtig weitergebracht?
  • Wenn du auf dein bisheriges Leben schaust, was erfüllt dich mit Stolz?
  • Würdest du gerne noch einmal zur Welt kommen?

Im Staunen liegt die Erkenntnis

Jüngere Menschen sprechen miteinander

Bild: Alexis Brown/ Unsplash

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Zum Fragen – sich selbst, aber auch andere Menschen, – gehört das Staunen. Das Staunen über das eigene Leben, die Welt und die Personen, die darin leben. „Zu leben, und in der Welt zu sein und nicht nachzudenken, über diese unglaubliche Tatsache, wäre seltsam“, sagte der norwegische Philosoph und Schriftsteller Jostein Gaarder, Autor des Weltbestsellers „Sophies Welt“, vor vielen Jahren bei einer Veranstaltung.

Zu leben, und in der Welt zu sein und nicht nachzudenken, über diese unglaubliche Tatsache, wäre seltsam.

Jostein Gaarder, Autor

Das Buch ist ein Roman „über die Geschichte der Philosophie“ und des philosophischen Fragens – als Form der Selbsterfahrung. Doch auch die „kleinen“, scheinbar unbedeutenden, Fragen, die an den Partner, an einen Freund oder an die Freundin, an Kollegen und die alltäglichen Fragen an sich selbst sind wichtig, um etwas zu erfahren – und sich weiterzuentwickeln. Wenn Fragen aus dem Herzen kommen und der Fragende an der Antwort interessiert ist, dann können sie viel bewegen.

Rainer Maria Rilke schrieb in „Was mich bewegt“ davon, die Fragen liebzuhaben: „Es handelt sich darum, alles zu leben. Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, ohne es zu merken, eines fremden Tages, in die Antwort hinein.“

Was für ein wunderschöner Gedanke und Sinnbild für das, was man „Entwicklung“ nennt. Oder Lebendigkeit, die entstehen kann, wenn man fragt und über die Antworten nachdenkt. Zu fragen, bedeutet, eine Veränderung möglich zu machen – und für Neues bereit und offen zu sein.

In „Sofies Welt“ regt ein anonymer Briefschreiber die 14-jährige Sofie Amundsen an, über sich selbst nachzudenken. „Wer bist du?“, lautet seine erste Frage. Auf den ersten Blick ist sie leicht zu beantworten, etwa mit: „Ich bin ein Mensch“. Oder: „Ich bin eine junge Frau“. Oder, im Falle von Sofie: „Ich bin Sofie Amundsen.“ Das reicht ihr aber nicht, also denkt sie weiter und fragt sich, wer Sofie Amundsen denn genau ist und welches Verhältnis sie zur Welt hat. Auf diese Weise schaut sie dahinter und tiefer. Sie beginnt, nachzudenken.

Amerikanischer weißer Briefkasten

Bild: Brian Patrick Tagalog/ Unsplash

Genau aus diesem Grund, sollten wir niemals aufhören, Fragen zu stellen. Sich selbst – und anderen. Wir brauchen eine Kultur des Fragens. Viele Menschen scheuen sich jedoch davor – aus Angst, womöglich zu neugierig zu wirken oder anmaßend. Und manchmal fürchtet man sich einfach vor den Antworten, die den Fragen folgen. Trotzdem zeugen echte Fragen von echtem Interesse – und sind eine Möglichkeit, „in die Schuhe eines anderen“ zu schlüpfen. Wer fragt, kann verstehen.

Gute Fragen kommen von Herzen

Älteres Paar halten sich die Hand

Bild: Nani Chavez/ Unsplash

Statt zu fragen, wie es jemandem geht, könnte man etwa fragen, was ihn bewegt oder gerade erfüllt oder was heute gut und schön war. Es geht darum, zu erkunden, welche Geschichte sich offenbaren möchte – das gilt für einen selbst genauso wie für das Gegenüber, vom Partner bis zu den Eltern und Großeltern. Gerade sie sind eine wunderbare Quelle, um mehr über sich selbst zu erfahren. Wer Oma und Opa fragend um ihre Lebenserzählung bittet, birgt einen unbezahlbaren Schatz an Erinnerungen. (Lebens-)Geschichten werden damit rückwärts verstanden, sodass es leichter fällt, vorwärtszugehen. „Jemanden lieben bedeutet, sich in ihn hineinzuversetzen, sagen wir, sich selbst in dessen Geschichte zu verankern und herauszufinden, wie man sich selbst dessen Geschichte erzählen könnte“, schreibt Rebecca Solnit in ihrem Roman „Aus der nahen Ferne“.

Jemanden lieben bedeutet, sich in ihn hineinzuversetzen, sagen wir, sich selbst in dessen Geschichte zu verankern und herauszufinden, wie man sich selbst dessen Geschichte erzählen könnte.

Rebecca Solnit, Autorin

Geschichten werden offenbart, wenn wir nachfragen: „Wie ist es wohl, der verstummte alte Mann nach einem Schlaganfall zu sein? Das Kind auf dem Roller? Der Mensch, der neben dir im Bett liegt?“, so Solnit. Fragen können aber auch als Schlüssel fungieren und Dinge in Bewegung bringen. Und ja, es gibt sie, die „schönen“ Fragen, selbst bei einer ersten Begegnung. Ein wunderbares Beispiel dazu findet sich im Film „Casablanca“.  Rick (Humphrey Bogart) fragt Ilsa (Ingrid Bergman) bei einem Glas Champagner: „Wer bist du wirklich? Und was warst du vorher? Was hast du getan, und was hast du gedacht?“