Heute komme ich mit einem kleinen Rant um die Ecke, der muss raus, sonst erstick ich dran. Also: Unser Gesundheitssystem kollabiert gerade vor sich hin, und zwar weil es ein Krankheitssystem ist. Es agiert nicht, es reagiert. Es denkt und schaut und sorgt nicht voraus, sondern läuft (eigentlich hinkt es) hinterher. Es werden aberwitzige Summen für Reparaturen an Körper, Geist und Seele ausgegeben und so gut wie nichts, um zu schauen, dass nix kaputt wird. Das ist so endgaga, dass mir die Fantasie fehlt, was dahinterstecken könnte außer Dummheit oder Bösartigkeit.

Hier kommen die vier größten Hebel für ein Gesundheitssystem, das seinen Namen auch verdient. Funktionieren alle, spielen sie ihre Kosten blitzschnell hundert- und tausendfach rein, großes Biohacker-Ehrenwort.

Hebel 1: Gentests für alle

Unsere Medizin funktioniert derzeit durchschnittlich, und das ist sogar mathematisch gemeint: Kommt bei Studien raus, dass Maßnahme A bei 54 Prozent der Leute wirkt und Maßnahme B bei 32 Prozent, macht das Maßnahme A zu Plan A. Für alle. Mindestens 32 Prozent der Leute werden also zunächst mal falsch behandelt. (Was dazukommt: Studien werden überwältigend oft nur mit Männern durchgeführt, das ist für alle fatal außer für Männer.)

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Wie wir aus der Durchschnitts- und der Männlichkeitsfalle kommen? Sehr einfach: mit Gentests. Sie sind mittlerweile lächerlich günstig (ein Vierteltag im Mehrbettzimmer kostet mehr) und verwandeln nebelstochernde Durchschnittsmedizin in punktgenaue individuelle Medizin. Freie Gentests für alle sind ein kompletter No-Brainer, sowieso unaufhaltbar, also wieso nicht morgen damit starten?

Hebel 2: freie Labortests und Nahrungsergänzung

Es gibt nix Besseres als regelmäßige Blut-, Harn-, Stuhltests, um biologische Bosheiten früh zu erkennen. Einmal im Jahr ordentliches Labor finanzieren (Betonung auf „ordentlich“, also inklusive Entzündungswerten, Fett- und Aminosäurenprofil, Nährstoffen, Mikrobiom!), das Auffüllen der Nährstoffmängel oder das Aufforsten im Darm üppig bezuschussen. Wir nehmen damit ganz vielen schweren Erkrankungen die Zeit, die sie brauchen, um in aller Ruhe zu Monstern zu wachsen. Spart Leid und Geld.

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Hebel 3: Eigenverantwortung fördern und einfordern

Gesundheit ist keine unendlich verfügbare Dienstleistung der Allgemeinheit an meinem Komfort und an meiner Gleichgültigkeit. Gesundheit ist individuelle Verantwortung. Ich muss etwas dafür tun, muss mehr machen, was mir guttut, und weniger, was mir schadet. Schon überschaubar viel Eigeninitiative stutzt gesundheitliche Risiken auf Restrisiken zusammen. Eigenverantwortung gehört hingebungsvoll gefördert und ernsthaft gefordert. Eskaliert dann doch einmal das Restrisiko, springt das System an und ein, schnell, effizient, persönlich. Solidarität funktioniert, wenn wir alle respektvoll, sorgsam und sparsam mit ihr umgehen. Sonst nicht. Es gibt wenig Unsolidarischeres als rücksichtslosen Umgang mit Solidarität.

Hebel 4: Natur auf ärztliche Verordnung

Licht, Kälte, Wald, Erdung: Wenn wir unseren zirkadianen Rhythmus ins Gleichgewicht geschaukelt haben (allein was das mit dem Schlaf macht!), wenn wir wieder regelmäßig rausgehen in die Wälder, auf die Berge, uns bewegen, unsere Lungen mit frischer Luft durchputzen und natürliches Sonnenlicht in die Augen und auf die Haut lassen, sobald wir hin und wieder barfuß über Wiesen laufen oder unsere Füße in einem Bach herumbaumeln dürfen, verändert sich unser ganzes Leben. Gute Ärzte und kluge Ärztinnen verordnen ihren Leuten Natur, regelmäßig ein paar Stunden pro Woche einzunehmen. Kosten? Null. Wirkung? Wunder. Das war’s mit dem Rant, mir ist jetzt leichter, danke für die Aufmerksamkeit! Nächstes Mal wird es wieder lustiger, zweites großes Biohacker-Ehrenwort.

Stefan Wagner

Foto: Martin Kreil

STEFAN WAGNER ist Biohacker, das heißt, von dem Gedanken beseelt, Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Körper, Geist und Seele durch verschiedenste Maßnahmen zu verbessern – um so länger und besser zu leben. Bis 120, hat er sich vorgenommen. Mindestens.

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