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Es war wieder eine dieser schlaflosen Nächte. Ihre Arbeit, ihr Alleinsein – alles setzte ihr zu. Besonders nachts. Seufzend stand sie auf, ging in die Küche und stellte sich ans Fenster. Halb vier Uhr morgens. Die ganze Stadt lag im Schlaf. Nur sie nicht.

Und irgendjemand in einem silbernen Kombi, der langsam an ihrem Haus vorbeifuhr. So langsam, als hätte es dieser Mensch nicht eilig, nach Hause und ins Bett zu kommen. Sie setzte sich an den Küchentisch und schlug die Zeitung auf, um sich abzulenken.

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Da stach ihr ein Inserat ins Auge: „Schlafprobleme? Wir haben die Lösung. Zu zweit durch die Nacht – www.morpheus-escort.com.“

Neugierig gab sie die Adresse in ihrem Smartphone ein und gelangte auf eine elegant gestaltete Website. Doch statt Fotos von Models sah sie eine Aufnahme des Sternenhimmels und in Silber die Worte: „Schlafstörungen waren gestern. Mit einem Klick in Morpheus’ Arme.“ Darunter blinkte ein kleines, silbernes Sternchen. Als sie es anklickte, öffnete sich ein Fragebogen.

„Aha“, dachte sie, „auf diese Weise kann man also eine maßgeschneiderte Begleitung bestellen.“ Doch weit gefehlt, bei den Fragen ging es um sie selbst. Nachdem sie angegeben hatte, dass sie eine Frau sei, wurde sie gefragt, welchen Musikstil sie bevorzuge, was ihr Lieblingsduft sei, ob sie lieber warm oder kalt schliefe, welche Art Bettwäsche sie möge, ob sie gerne mit Thermophor oder Socken schlafen würde und zu guter Letzt, welches Geräusch sie in ihrer Kindheit besonders geliebt hätte.

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Über diese Frage musste sie nicht lange nachdenken. Das war das gleichmäßige Trommeln von Regen auf die Dachfenster in der Wohnung ihrer Oma. Am Ende des Fragebogens blinkte wieder ein Sternchen, auf dem „Absenden“ stand, und als sie drauf klickte, erwartete sie nun, eine standardisierte Auswertung samt ein paar Nullachtfünfzehn-Schlaftipps zu bekommen.

Stattdessen öffnete sich eine weitere Seite, auf der zu lesen stand: „Morpheus-Escort – der spezielle Service mit Schlafgarantie. Buchen Sie jetzt. (Bei Misslingen Geld zurück.)“ – Sie zögerte. Sollte sie es riskieren, Geld zum Fenster hinauszuschmeißen?

Andererseits musste sie nur zahlen, wenn sie tatsächlich einschlief. Sie hatte also nichts zu verlieren und klickte sich weiter zur Buchungsseite, wo sie gleich für den kommenden Abend um 22 Uhr einen Termin vereinbarte. Am nächsten Abend wurde ihre Nervosität immer größer, je später es wurde, und von Müdigkeit natürlich keine Spur.

Wie sollte das mit dem Schlafen nur klappen? Und überhaupt, was war das für eine Schnapsidee, sich einen Escort-Service zu buchen? Ärgerlich über sich selbst verbrachte sie gefühlte Stunden damit, sich wie für eine Cocktailparty zu stylen.

Haben Sie zum ersten Mal einen Morpheus-Escort gebucht, oder schlafen Sie in Partykleidern?

Schließlich war es 22Uhr, und pünktlich auf die Minute läutete es an ihrer Tür. Sie öffnete, und vor ihr stand ein junger, gut aussehender Mann in grauer Livree. „Guten Abend“, sagte er. „Ich heiße Jonas und bin Ihr Begleiter durch die Nacht.“

Dann musterte er ihr Outfit und fragte lächelnd: „Haben Sie zum ersten Mal einen Morpheus-Escort gebucht, oder schlafen Sie in Partykleidern?“ – „Ich, äh...“, stammelte sie, doch Jonas war solche Situationen offensichtlich gewohnt und antwortete: „Kein Problem. Machen Sie sich fertig fürs Schlafengehen, ich warte einstweilen.“

Sie huschte ins Badezimmer, schminkte sich ab, putzte die Zähne und entschied sich schließlich für ihren Seidenpyjama. Das alte, schlabbrige T-Shirt war niemandem zumutbar. „Fertig“, sagte sie unsicher, als sie ungeschminkt und im Pyjama wieder vor ihm stand.

„Was jetzt?“„Kommen Sie mit.“ Sie schlüpfte in ihren Mantel, zog ihre Schuhe an, schloss leise die Wohnungstür und folgte Jonas die Treppe hinunter ins Freie. „Wir müssen ein paar Meter gehen“, sagte er, „ich habe leider keinen Parkplatz vor ihrem Haus gefunden.“

Mit einem seltsam luftigen Gefühl im Magen ging sie neben ihm die Gasse entlang, bis er bei einem silberfarbenen Kombi stehen blieb. Statt der Seitentür öffnete er die Heckklappe, worauf hin das Innere des Wagens von indirekter Beleuchtung erhellt wurde.

Staunend sah sie, dass es wie eine Schlafkoje gestaltet war, komplett ausgeschlagen mit hellgrauem Samt, und die Ladefläche bestand aus einer dicken Matratze, auf der dunkelgraue Bettwäsche aus Satin lag, genau so, wie es ihren Vorlieben entsprach.

Aus versteckten Lautsprechern tönte leise Klaviermusik, und dass es nach Flieder duftete, wunderte sie auch schon nicht mehr.

Jonas half ihr aus dem Mantel, und vorsichtig setzte sie sich auf den Rand der Matratze. Behutsam zog er ihr die Schuhe aus und holte aus einem Fach ein Paar silbrige Plüschsocken hervor. „Ich glaube, solche mögen Sie“, sagte er lächelnd. Sie lächelte zurück, nahm ihm die Socken ab und schlüpfte in das vorgewärmte Bett.

Zögerlich hielt sie einen Zipfel der Bettdecke hoch, doch Jonas schüttelte den Kopf und antwortete immer noch lächelnd: „Ich bin nur der Chauffeur und nicht Morpheus. Schlafen Sie gut, und träumen Sie etwas Schönes.“

Damit schloss er die Heckklappe, und sie kuschelte sich in die weiche Bettwäsche. Aus versteckten Lautsprechern tönte leise Klaviermusik, und dass es nach Flieder duftete, wunderte sie auch schon nicht mehr.

Sie spürte gerade noch, wie der Wagen gestartet wurde und langsam losfuhr, doch das leise Trommeln von Regentropfen, das Jonas über die Klavierklänge legte, drang schon nicht mehr bis in ihren Schlaf.

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