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Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt? In der Schaltzentrale unseres Gemüts sitzen die Hormone an den Reglern.

Erteilt Oberboss „H“ seine Kommandos, ist die Schilddrüse als größte Hormonfabrik besonders oft gefordert. Ihre Boten haben bei jeder Aktion ihre Finger im Spiel und wirken bis in die tiefsten Verästelungen unserer Psyche. Sind sie in richtiger Menge und Formation im Körper unterwegs, läuft’s – aber wehe, es gibt ein Ungleichgewicht.

Denn: Schilddrüsenhormone sind Energiehormone, die der Zelle vereinfacht gesagt die Kraft geben, aktiv zu bleiben. Können sie das wegen einer Über- oder Unterfunktion nicht oder nur eingeschränkt, stört das neben vielen anderen Prozessen auch unser Gefühlsleben. (Im Zweifel hilft der Nuklearmediziner deines Vertrauens.)

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Ein Stück vom Glück

Ein weiterer bedeutender Stimmungsmacher ist Serotonin – ein hohes Tier, aber leider schwer zu fassen, wie der Wiener Hormonspezialist Prof. Johannes Huber verrät: „Tatsache ist, dass Serotonin ein Glückshormon ist und als solches die Gefühlslage maßgeblich beeinflusst. Viele Psychopharmaka basieren deshalb darauf, den Serotoninspiegel im Gehirn zu erhöhen. Ob eine alleinige Therapie mit Serotonin eine Depression lindert, ist wissenschaftlich aber umstritten.“

Serotonin steckt übrigens auch in vielen Lebensmitteln, etwa in Walnüssen, Paradeisern, Bananen und Kakao. Ist ein Stück Schokolade also wirklich ein Stück vom Glück? „Ja, wenn auch aus anderen Gründen. Das über die Nahrung aufgenommene Hormon kann die sogenannte Blut-Hirn-Schranke zwar nicht überwinden, aber kohlenhydratreiche Nahrung stimuliert über Zwischenschritte die Serotoninbildung im Gehirn.“

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Ein bisschen Naschen schadet also sicher nicht.

Stress, lass nach

Cortisol (wir erinnern uns: der Typ, der bei anhaltender Belastung aufmischt) zieht in Sachen Seelenheil ebenfalls die Strippen – kein Wunder, schließlich arbeitet das Hormon besonders eng mit unserem Gehirn zusammen. Da wir unter Stress mehr Energie benötigen, stellt der Körper diese zwar dem Gehirn zur Verfügung – sie wird dafür an anderen Stellen aber eingespart.

Dieser Prozess läuft schon nach zirka zehn Minuten an (Quelle: Dr. Johannes Wimmer, „Meine Hormone. Bin ich ferngesteuert?“). Das macht nicht nur der Psyche zu schaffen, sondern hat auch körperliche Konsequenzen: Muskeln und Knochen werden abgebaut, langfristige Vorgänge wie Wachstum, Immunabwehr und Verdauung gedrosselt.

Zudem fährt die Melatoninproduktion zurück, was in einen Zustand ständiger Alarmbereitschaft versetzt und Schlafprobleme verursacht, die wiederum die Stimmung trüben.

Hormonelles Antidepressivum

„Die Kinder sind aus dem Haus, die Mutter fühlt sich nicht mehr gebraucht, und der Mann ist mit 50 auch nicht mehr das, was er mit 30 war. So erklären Kollegen aus der Psychosomatik gerne, warum bei Frauen ab Ende 40 die Verschreibungsrate von Antidepressiva rapide ansteigt. Das mag ja alles sein, wir Endokrinologen kommen lieber mit emotionsloseren, aber höchst aussagekräftigen Daten: dem Progesteronspiegel!“, erklärt Johannes Huber: „In den Wechseljahren nimmt dieser stark ab. Das führt häufig zu depressiven Verstimmungen, die sich unbehandelt zur handfesten Depression auswachsen können.“

Aber warum ist das so? „Progesteron ist ein Neurosteroid. Das heißt, es wird nicht nur in den Eierstöcken bzw. Hoden gebildet, sondern auch im Gehirn. Lassen Sie sich das einmal auf der Zunge zergehen: ein Sexualhormon, das auch im Hirn produziert wird – die Bedeutung muss also dementsprechend groß sein.

Progesteron ist ein Psychohormon, das wie ein Antidepressivum wirkt.“ Besonders hoch ist die Ausschüttung in der Schwangerschaft, deshalb schweben viele Frauen da auf einer Glückswolke. Nach der Entbindung geht der Spiegel dann stark zurück, was für etwa 20 Prozent der frischgebackenen Mütter in einer Wochenbettdepression endet.

Johannes Huber rät in beiden Fällen dazu, den Hormonhaushalt überprüfen zu lassen und ihn im Bedarfsfall mit bioidenten Hormonen auszubalancieren: „Es müssen nicht immer sofort Psychopharmaka sein, wenn es einen einfacheren und besseren Weg gibt, die Beschwerden zu lindern!“

Natürlich verspüren auch die Herren der Schöpfung den Einfluss revoltierender Mini-Agenten auf ihr Seelenheil – sie leiden nur anders: Während Frauen häufiger Angststörungen und Depressionen haben, sind es bei Männern eher Süchte oder Aggressionsprobleme. Symptome lassen sich außerdem zeitlich weniger genau einordnen, und der Übergang in ihre „Wechseljahre“ ist wesentlich softer: Ab 35 nimmt Testosteron um etwa ein Prozent jährlich ab, was sich auch durch Stimmungstiefs bemerkbar machen kann.

Üblicherweise bleibt der Hormon-007 aber bis ins höhere Alter im grünen Bereich. In jedem Fall gilt: Geschlechtshormone und Psyche beeinflussen einander wechselseitig in beide Richtungen. Kriegt man einen der Faktoren wieder in den Griff, zieht der andere nicht selten mit.

Mein Partner, der Hunger

Wer erst gar nicht auf Turbulenzen warten, sondern seine Seele schon präventiv streicheln will, kann etwa zur Jamswurzel greifen. Sie schmeckt ähnlich wie die Süßkartoffel und enthält neben Progesteron viele weitere gesundheitsfördernde Zutaten wie Vitamin C, B-Vitamine, Kalium, Zink und Kupfer.

Und der Hormonpapst schüttelt tatsächlich ein Patentrezept aus dem Ärmel. „Das Beste fürs Gemüt ist Bewegung in Kombination mit einem neuen Partner: Sein Name ist Hunger, und Sie sollten jeden Tag mit ihm ins Bett gehen! Verzichten Sie ab 16 Uhr auf Nahrung, und Ihre Stimmung wird am nächsten Tag ein Hoch erleben. Das Fasten ist ein Medikament – mehr noch: Es ist das beste Antidepressivum.“